Mehr Kinder zur Rettung des Planeten

Gegen den Neo-Malthusianismus: Eine relativ kleine Bevölkerungsgruppe im erwerbsfähigen Alter behindert den ökologischen Wandel

Es bedarf mehr Kinder, um den Planeten zu retten. Der Aufruf von Rémy Verlyck, Geschäftsführer des französischen Forschungszentrums Familles Durables, kehrt das Paradigma des weitverbreiteten radikalen Umweltbewusstseins um. Während einige Neo-Malthusianer weiterhin behaupten, dass „Kinderkriegen das Schlimmste ist, was man der Umwelt antun kann“, gibt es glücklicherweise auch Menschen, die an das Leben glauben.

Umkehrung eines Paradigmas

In einer von ‚Öko-Angst‘ und Pessimismus geprägten Epoche verlieren immer mehr Menschen die Lust am Leben und verzichten auf Nachwuchs bzw. zögern die Fortpflanzung hinaus“, schreibt Verlyck in der französischen Zeitung Le Figaro. Dennoch, so fährt er fort, „würden weniger Geburten praktisch keine Auswirkungen auf die Umwelt haben“. Im Gegenteil, der Geburtenrückgang könnte „das für den ökologischen Übergang erforderliche Innovationstempo verlangsamen“.

Was ist „Öko-Angst“?

In dem Artikel verweist Verlyck auf eine Studie der Katholischen Universität Leuven aus dem Jahr 2021 mit 2.080 Teilnehmern aus acht Ländern Europas und Afrikas. Die Studie kommt zum Ergebnis, dass 12 % der Befragten an „Öko-Angst“ leiden, d. h. an einer zwanghaften Besorgnis über Umweltschäden. Ein Zusammenhang mit dem Bildungsniveau ließ sich nicht ableiten, doch zeigt die Untersuchung, dass Frauen sowie Menschen unter 40 Jahren am stärksten betroffen sind, also genau die beiden Bevölkerungsgruppen, die als demographische Triebfeder agieren könnten.

Eine weitere Studie, die 2021 von der Universität Bath durchgeführt wurde, hat anhand der Daten von 10.000 jungen Menschen in 10 Ländern festgestellt, dass 84 % von ihnen über die globale Erwärmung besorgt, 59 % sogar extrem besorgt und 40 % derart besorgt sind, dass sie zögern, was das Kinderkriegen anbelangt. Kurz gesagt, fast die Hälfte aller jungen Leute wird aufgrund der Klimaschutzwarnungen davon abgehalten, Kinder zu bekommen. Diese beiden Studien, so Verlyck, beweisen, dass Umweltveränderungen nicht nur unseren Lebensraum, sondern auch die Psyche vieler Menschen beeinflussen.

Keine Kinder, kein ökologischer Übergang

Eine besonders starke psychologische Wirkung haben Prophezeiungen, die Kinderlosigkeit als eine Form von Umweltschutz anpreisen. Die Anhänger dieser Idee sind der Meinung, Fortpflanzung sei für den Planeten schädlich, weil Kinder enorme Kohlenstoffemissionen in die Atmosphäre verursachen. Verlick stellt jedoch fest, dass die Weltbevölkerung in den kommenden Jahrzehnten bereits schrumpfen wird. Der französische Kolumnist zitiert eine Analyse, die 2020 in der Zeitschrift The Lancet veröffentlicht wurde: Die Weltbevölkerung würde demnach im Jahr 2064 einen Höchststand mit etwa 9,7 Milliarden Menschen erreichen und dann bis zum Ende des Jahrhunderts auf 8,8 Milliarden sinken.

In Italien nur noch halb so viele Einwohner

Um eine Vorstellung vom möglichen Ausmaß der demografischen Entwicklung zu bekommen, muss man die allgemeinen Zahlen kurz beiseitelegen und sich in der Analyse auf konkrete Beispiele konzentrieren: Das heißt, in 23 Ländern – darunter Spanien, Japan und Italien – würde sich die Bevölkerung halbieren. Aus der Studie geht hervor, dass die alternde und schrumpfende Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter das weltweite Wirtschaftswachstum und damit auch die Fähigkeit zur Finanzierung der für den ökologischen Übergang erforderlichen Innovationen beeinträchtigen wird.

Unfruchtbares Europa

Die Situation ist in ganz Europa besorgniserregend. Der Artikel in Le Figaro beruft sich auf die Prognosen der Robert-Schuman-Stiftung aus dem Jahr 2018 mit dem vielsagenden Titel Europa 2050: Demographischer Selbstmord. Der alte Kontinent könnte innerhalb von 20 Jahren 49 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter einbüßen. „Mit einer Gesamtfruchtbarkeitsrate von etwa 1,5 wird Europas zukünftige Arbeitnehmergeneration im Vergleich zu heute um ein Drittel schrumpfen“, heißt es in dem Bericht. „Ein Geburtenrückgang in einem Land ist mit einem Investitionsrückgang bei einem Unternehmen gleichzusetzen: Zwar wird dadurch kurzfristig ein günstigerer Kapitalfluss erzielt, aber langfristig führt er zu ernsthaften Problemen.“

Konsequenzen

Verlick kommt zu folgendem Schluss: „Der Verzicht auf Fortpflanzung hat so gut wie keine Auswirkungen auf den Klimawandel. Aber nicht nur das. Denn eine alternde Bevölkerung zieht ebenfalls tiefgreifende wirtschaftliche, soziale und geopolitische Konsequenzen nach sich, das heißt, die Fähigkeit zu reagieren nimmt ab.“ Die größte Gefahr jedoch ist, dass wir dies alles erst erkennen, wenn es bereits zu spät sein wird.

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