Die dramatischen Konsequenzen der Leihmutterschaft: Italienische Frau will ihre ukrainische Adoptivtochter nicht mehr

Alle wettern gegen die Adoptivmutter, die „es nicht geschafft hat“. Doch wer hat ihr das angetan? Sind nicht eigentlich diejenigen Schuld, die sich die Leihmutterschaft ausgedacht haben?

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Hier die Fakten: Ein italienisches Paar hatte sich entschlossen, ein Kind mittels „Leihmutterschaft“ zu bekommen und zu adoptieren. Nachdem das Mädchen in der Ukraine zur Welt gekommen ist, hat das Paar es zunächst in die Obhut eines örtlichen Babysitters gegeben, und es dann ganz im Stich gelassen. Das kleine Mädchen ist nun in Italien und wird vorübergehend von einer Pflegefamilie betreut, bis sich eine Adoptivfamilie findet.

Allesamt Opfer der „gemieteten Gebärmutter“: Vielleicht ist Liebe nicht gleich Liebe

Im ersten Moment ist man, ganz menschlich, empört über das Schicksal des armen Kindes, das – um es mit den Worten der für das Familienressort zuständigen Europaabgeordneten Simona Baldassarre zu sagen – „produziert, gelagert, verkauft und ausgemustert“ wurde. Doch dann richten sich unsere Gedanken zwangsläufig auf die reumütige Mutter, von der wir nur folgende kurze Aussage kennen: „Ich habe es nicht fertiggebracht, es tut mir leid. Es hat sich nicht angefühlt, als wäre sie meine Tochter. Ich fragte mich: ‚Was habe ich mit ihr zu tun?‘. Ich habe es nicht geschafft, mich um sie zu kümmern“.

Keine große Rede, sondern eine einfache Beschreibung der Realität, die imstande ist, den Versuch, Fakten aus ihrem Zusammenhang zu reißen, zu durchkreuzen. Das nämlich hat Filomena Gallo, Sekretärin der Vereinigung Luca Coscioni, getan, indem sie behauptet: „Das Problem liegt nicht in der hier angewandten Methode. Leider ist die Vernachlässigung ein Phänomen, das nicht von der Technik abhängt, mit der Kinder geboren werden. Der Zusammenhang zwischen Vernachlässigung und solidarischer Schwangerschaft ist daher falsch und irreführend“.

In diesem Fall wurde das Kind jedoch nicht infolge einer ungeplanten Schwangerschaft, finanzieller Probleme oder anderer sozialer oder kultureller Gründe verlassen: Die Eltern dieses Kindes wollten unbedingt Eltern werden. Sie haben Energie, Zeit und Geld in die Umsetzung ihres Wunsches investiert. Der Wunsch war so groß, dass sie letztlich beschlossen, das Gesetz zu umgehen, das ihr Vorhaben als Verbrechen einstuft, aber keine Strafe vorsieht. Der traurige Entschluss, das Kind zu verlassen – was auf besonders unmenschliche Art und Weise vollzogen wurde – ergibt sich unmittelbar aufgrund der „Technik“, mit der das Kind auf die Welt gebracht wurde: es wurde künstlich gezeugt und gegen Bezahlung von einer Fremden ausgetragen. Zu Recht sieht so mancher die wahre Ursache dieser Tragödie in der abartigen Praxis der Leihmutterschaft: „Kinder sind keine Gegenstände, auch dann nicht, wenn wir sie umsonst bekommen. Kinder sind keine Waren, selbst dann nicht, wenn man die Leihmutter dafür bezahlt. Kinder sind kein Eigentum, auch wenn man sie über alles liebt, denn sie gehören uns nicht“.

„Es hat sich nicht wie mein Kind angefühlt“

Man muss jedoch noch weiter gehen, sich von den Worten dieser Frau verletzen lassen, sich mit ihnen identifizieren, sie sich zu eigen machen: „Dieses Kind hat nichts mit mir zu tun“. Das Drama der Unfruchtbarkeit – und dieser Fall liefert den Beweis – lässt sich nicht durch die Vermittlung irgendeines Kindes lösen. Es ist nicht der „langersehnte Wunsch, Eltern zu werden“, der einem Paar hilft, ein Kind aufzunehmen. Ein Kind ist nämlich nicht die Befriedigung eines Verlangens, das Füllen einer Lücke, die Erfüllung einer Wunschvorstellung und kann es auch nie sein.

Es ist daher notwendig, sich mit dem Schmerz dieser Frau zu identifizieren. Nicht etwa, um das inakzeptable Unrecht, das man dem Kind angetan hat, zu schmälern, sondern um zu versuchen, die dramatische Tragweite des Geschehens möglichst realistisch zu erfassen.

Denn wie betrachtet man unfruchtbare Paare – Paare im Allgemeinen, unabhängig von der Chromosomenausstattung der Partner? Das Trauma der körperlichen Versehrtheit, die den schönsten Ausdruck der großen Liebe zwischen zwei Individuen verhindert, wird sofort ausgeblendet, und Mutterschaft und Vaterschaft werden – in welchem Zusammenhang auch immer – als berechtigter menschlicher „Wunsch“ betrachtet. Ein Wunsch, der wenn er unerfüllt bleibt, zu einem „Recht“ oder sogar zu einem „Anspruch“ ausartet: Wenn ich das, was ich will, nicht selbst schaffen kann, muss mir jemand anderes – die Gesellschaft, der Staat, die Gemeinschaft – die Verwirklichung meiner Wünsche ermöglichen. 

Das ist es, was die beiden „fruchtlosen Eltern“ erlebten: man hat sie in ihrem unbeschreiblichen Schmerz nicht begleitet und betreut, sondern ihnen das weithin beworbene Angebot unterbreitet, gegen angemessene Bezahlung die endgültige Lösung parat zu haben: Kommen Sie, meine Damen  und Herren, treten Sie näher, frische Kinder im Angebot, es gibt auch Rabatt!

Welche Schuld trifft die Frau? Daran geglaubt zu haben? Darauf gehofft zu haben? Vielleicht hat sie mitten in einer Pandemie um ihr Kind gebangt und sich gefragt: Wird es zur Welt kommen, wird es gesund sein, werde ich es bald in die Arme schließen können? Wie viele Tage und Nächte des Wartens, wie viele Emotionen beim Besteigen des Flugzeugs, wie viel Zittern bei der Einreichung der Papiere… und dann?

„Es hat sich nicht wie mein Kind angefühlt.“

Das ist selbstverständlich nicht zu rechtfertigen und verdient kein Verständnis. Denn ein Kind ist wertvoll, ein Kind ist es wert, ein Kind hat das Recht, geliebt und gewollt zu werden, ersehnt und willkommen geheißen zu werden – und nicht etwa wie Sperrmüll an der nächsten Straßenecke entsorgt zu werden. Dabei muss man es nicht unbedingt gleich von Anfang an im wahrsten Sinne „lieben“: Man kann ein Kind in den Arm nehmen, es umhegen, knuddeln und füttern, ohne eine sofortige emotionale Bindung zu spüren.

Wir wissen nicht, was diese Frau bzw. dieses Paar davon abgehalten hat, sich Zeit zu nehmen und sich den nötigen Raum zu verschaffen, so dass dieser kleine Mensch, der „auf ihren Wunsch“ auf die Welt gekommen war, tatsächlich zu „ihrem“ Kind hätte werden konnte. Vermutlich hat jedoch die Abtreibungsmentalität dieser Welt einen gewissen Einfluss gehabt. Diese hat uns gelehrt, den Wert ungeborenen Lebens nicht nur im Mutterleib, sondern auch nach der Geburt gering zu schätzen – sei es aufgrund der Gebrechlichkeit des Babys oder, weil man es sich „eben mal anders überlegt“ hat – und dementsprechend das „Produkt der Empfängnis“ sogar noch im neunten Schwangerschaftsmonat zu entsorgen.

Kinder sind ein Segen, und sie groß zu ziehen, ist ein Privileg“: Jede Handlung, die von dieser Einschätzung abweicht, führt zu immer unmenschlicheren Abgründen. Solange jedoch Millionen von Dollar an die Kindermordbefürworter fließen, die ein Kind als ein austauschbares Gut ansehen und seinen Wert ausschließlich nach der ihm von seinen Erzeugern entgegengebrachten Zuneigung bemessen, kann man sich schwerlich das Recht herausnehmen, den ersten Stein zu werfen.

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