Im mehrheitlich katholischen Malta hält der Präsident angesichts des überwältigenden Drucks, Abtreibung in seinem Land zu legalisieren, an den Wurzeln seines Glaubens fest. George Vella liegt so sehr am Lebensschutz, dass er lieber zurücktreten würde, als ein Abtreibungsgesetz zu verabschieden.
Der 79-jährige ehemalige Mediziner erklärte gegenüber Net News Anfang dieser Woche, dass er „niemals ein Gesetz unterzeichnen wird, das die Freigabe von Mord vorsieht…Ich kann die Exekutive nicht an der Entscheidung hindern, das ist Sache des Parlaments. Aber ich habe die Freiheit, wenn ich mit einem Gesetzentwurf nicht einverstanden bin, zurückzutreten und nach Hause zu gehen. Ich mache das ohne Probleme.“
Die Äußerungen folgten auf einen Gesetzesentwurf, der die Abtreibung entkriminalisieren soll und der vor einer Woche von der unabhängigen Abgeordneten Marlene Farrugia ins Parlament eingebracht worden war. Nur wenige Tage zuvor hatte Farrugia ihre Empörung über den Widerstand gegen den Gesetzesentwurf zum Ausdruck gebracht. Der Gesetzesentwurf ist der erste seiner Art im Inselstaat, dessen Bevölkerung sich zu mehr als 90% aus Katholiken zusammensetzt.
In einem Trommelfeuer der Kritik, im Zuge dessen die Regierung als „rechtsextrem und konservativ“ bezeichnet wurde, beschuldigte Farrugia nicht nur die regierende (Mitte-Links) Arbeiterpartei sondern auch die oppositionelle (Mitte-Rechts) Nationalpartei, frauenfeindlich zu sein. „Beide Parteien haben eine Debatte über die Schwierigkeiten, denen Frauen ausgesetzt sind, verweigert; stattdessen halten sie weiter an ihrer Macht und ihrem Status Quo fest“, wetterte Farrugia. „Sie wollen die Abtreibung nur deshalb nicht entkriminalisieren, um die Frauen weiterhin unter ihrer Knute zu halten“.
Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, drei Artikel aus dem maltesischen Strafgesetzbuch zu streichen, denen zufolge jeder, der eine Abtreibung verlangt oder bei deren Durchführung hilft, mit einer Gefängnisstrafe von drei Jahren geahndet wird. Zwar weist Malta das strengste Abtreibungsverbot in der gesamten Europäischen Union auf, doch kommen strafrechtliche Verfolgungen eher selten vor.
Die coronavirusbedingten Lockdowns und Beschränkungen scheinen jedoch der Auslöser für den Vormarsch der Abtreibungsbefürworter in Malta zu sein. Jedes Jahr reisen schätzungsweise 400 Frauen ins Ausland – meist nach Großbritannien -, um eine Abtreibung vornehmen zu lassen.
Maltesische Frauen haben einen Weg gefunden, die Reisebeschränkungen zu umgehen, und zwar mit Hilfe von Organisationen wie dem Abortion Support Network. Die 2019 gegründete und in Großbritannien ansässige „Wohlfahrtsorganisation“ bietet Informationen und finanzielle Unterstützung an, um die Kosten für die Reise und die Abtreibung zu decken. Es überrascht nicht, dass die zunehmende Nachfrage mit dem generellen Stimmenzuwachs von Pro-Choice-Aktivisten in Malta zusammenfällt. Eine weitere Organisation, Doctors For Choice, die 2019 von einer Gruppe von Medizinern gegründet wurde, drängt ebenfalls auf Gesetzesänderungen sowie auf die Förderung von Aufklärungsunterricht und auf einen leichteren Zugang zu Verhütungsmitteln.
Natürlich ist vieles davon für Frauen von erheblichem Nachteil. Erst letzten Sommer berichtete Marija Stajic von iFamNews über die erschütternde Praxis der „Heimabtreibung“: „Dies ist das traurige Endergebnis der Entscheidung der britischen Regierung von Ende März, den Zugang zur Abtreibung während der Coronavirus-Pandemie zu erleichtern, indem es den Frauen erlaubt wird, die Abtreibungspille per Post zu bestellen und dann die „Do-it-yourself-Abtreibung“ in der „Behaglichkeit ihres Zuhauses“ durchzuführen.“
Maltas Staatsreligion mag zwar der Katholizismus sein, aber das Land tut sich außerordentlich schwer, seinen Glauben in die Praxis umzusetzen. Die Zahl der Gottesdienstbesucher sinkt weiter, 2011 wurden die Ehescheidung und 2017 die gleichgeschlechtliche Ehe legalisiert. Doch beim Thema Abtreibung scheint Malta keinen Millimeter nachzugeben. Präsident Vella, der 1964 seine Approbation erhielt, wurde gefragt, ob es seiner Meinung nach Ausnahmen gebe, in denen Abtreibung erlaubt sein sollte. Er antwortete: „Entweder man tötet oder man tötet nicht; einen halben Tod gibt es nicht. Das ist ganz klar, es gibt kein Wenn und Aber.“ Erzbischof Charles Scicluna fügte hinzu: „Der Schoß einer Mutter ist etwas Kostbares und Heiliges; dort kann menschliches Leben wachsen. Lasst uns beten, dass der Mutterleib ein Ort des Lebens bleibt und nicht ein Ort des Tötens wird.“
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