Großbritannien: Reue nach Geschlechtsumwandlung – Fälle nehmen zu

Keira Bell, eine 23-jährige Transgender-Frau, verklagt die Tavistock-Klinik. So wie ihr, geht es vielen anderen jungen Menschen

Neben Brexit und Coronavirus gibt es in Großbritannien ein weiteres Thema, das die öffentliche Debatte anheizt: der Umgang mit Transsexualität bei Kindern und Jugendlichen. Den ersten Schock verursachten die Worte des Psychoanalytikers Dr. Marcus Evans, der dem Vorstand der Tavistock Identity Development Services (GIDS) angehörte, der einzigen Klinik des britischen Gesundheitssystems, die sich mit der Geschlechtsangleichung beschäftigt. Der Facharzt kündigte seine Stelle nachdem er angeprangert hatte, dass Ärzte in der Klinik Zensur ausgesetzt seien, wenn sie beispielsweise ihre Bedenken hinsichtlich der oft übereilten Vorgehensweisen äußerten, die zu „unzureichenden klinischen Beurteilungen“ und „verfrühten Eingriffen“ bei jungen Patienten führten. Evans enthüllte zudem, dass viele seiner Kollegen „Druck von Trans-Aktivisten“, die das Thema geheim halten wollen, ausgesetzt seien.

Keira Bells Geschichte

Zur Anklage des Psychoanalytikers gesellt sich nun die Geschichte von Keira Bell, einer 23-jährigen Transgender, die wieder eine Frau sein will. Im Teenageralter hatte sie sich intensiven hormonellen und chirurgischen Behandlungen unterzogen, um ihr Geschlecht zu ändern. Mit dieser Entscheidung sollte ihre Geschlechtsdysphorie, die Diskrepanz zwischen ihrem biologischen Geschlecht und ihrer „wahrgenommenen sexuellen Identität“, ein Ende haben. Bell sagt, sie habe nach „etwa drei, jeweils eine Stunde dauernden Sitzungen“ im Tavistock-Klinikum mit der Behandlung, darunter der Einnahme pubertätshemmender Medikamente, begonnen. Sie erklärt, sie habe damals „keine Zweifel“ daran gehabt, ein Junge sein zu wollen. „Ich wollte so schnell wie möglich den klinischen Prozess einleiten; ich war sehr angespannt und wollte mit niemandem reden, der mir im Weg stehen könnte.“ Allerdings hat sie es jetzt bereut und würde am liebsten alles rückgängig machen. Sie ist der Meinung, die „psychologischen und zerebralen Auswirkungen der Behandlung werden unterschätzt“.

Aus diesem Grund hat sie beschlossen, ihr Gesicht zu zeigen, den Medien von ihrer schmerzhaften Erfahrung zu erzählen und die Tavistock-Klinik zu verklagen. Das Leid, das sie durchlebt, findet sich zusammengefasst in folgender Aussage: „Ich lebe in einer Welt, in die ich weder als Mann noch als Frau passe. Ich stecke zwischen beiden Geschlechtern fest“. Sie berichtet auch, dass die Behandlung bei ihr „für die Wechseljahre typische Symptome wie Hitzewallungen, Schlafstörungen und Verlust des sexuellen Verlangens“ verursacht hat. Ihr wurden schließlich sogar Kalziumtabletten verschrieben, weil „meine Knochen spröde geworden waren“.

Weitere Fälle

Ihre Geschichte ist kein Einzelfall. Den Berichten der britischen Presse zufolge häufen sich die Geschichten von jungen Menschen, die ihr Geschlecht wechseln und es dann bereuen. Es wurde eine entsprechende Organisation gegründet, um sie zusammenzubringen, das „Detransition Advocacy Network“. „Hunderte junger Erwachsener“ wenden sich mit der Beteuerung, die Hormonbehandlung habe ihre Probleme nicht gelöst, an die Organisation. Zugleich steigt die Zahl der Minderjährigen, die sich an GIDS wenden, exponentiell an: Waren es im Jahr 2009 noch 77 Kinder und Jugendliche, sind es zehn Jahre später bereits 2590. Was hat zu diesem Anstieg geführt? Ideologie? Interesse? Oder einfach ein größeres Bewusstsein für Geschlechtsdysphorie? In einem in der Times veröffentlichten und in der italienischen Tageszeitung Avvenire wiederaufgenommenen Artikel ist davon die Rede, dass in den letzten drei Jahren 35 Ärzte bei GIDS gekündigt haben, ganz wie Dr. Evans, um „in vielen Fällen dem Druck von Seiten der Aktivisten von Mermaids zu entgehen, der Wohltätigkeitsorganisation, die die Behandlung mit Hormonblockern und Hormonen sowie chirurgische Eingriffe für minderjährige Transsexuelle fördert“. Des Weiteren wirft die Times-Journalistin die Frage auf, „weshalb das Unternehmen Ferring Pharmaceuticals, der Hersteller von [dem Pubertätsblocker] Triptorelin, eine klinische Versuchsreihe in den Niederlanden finanziell unterstützt hat, und außerdem seit 2013 rund 1,4 Millionen Pfund an die Liberaldemokraten gespendet hat, den lautstärksten Befürwortern der Selbstbestimmung des eigenen Geschlechts.“

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