Last updated on August 20th, 2020 at 12:48 am
Ein Freund schickte mir kürzlich eine SMS, die nichts weiter als einen Link zu einem Tweet von CNN enthielt. Angesichts der Quelle wartete ich gespannt, was sich nach Anklicken des Links offenbaren würde, denn er hatte er mir den Link ohne jeglichen Kommentar oder Vorrede weitergeleitet. So wie ich meinen Freund kenne, musste es sich um etwas Überraschendes oder Sonderbares handeln. Und in der Tat wurde ich in dieser Hinsicht nicht enttäuscht. Hier der Tweet, in all seiner herrlichen Absurdität:
Individuen mit einem Gebärmutterhals wird jetzt empfohlen, mit der Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs im Alter von 25 Jahren zu beginnen und diese bis zum Alter von 65 Jahren fortzusetzen. Es wird empfohlen, alle fünf Jahre einen HPV-Test durchzuführen. Dies geht aus einer neuen, von der American Cancer Society veröffentlichten Leitlinie hervor. — CNN 30. Juli 2020
Auf den ersten Blick war die Meldung recht klar und simpel: Die Amerikanische Krebsgesellschaft (American Cancer Society) hat ihre Leitlinien bezüglich Tests auf humane Papillomaviren (HPV) als Mittel zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs aktualisiert und das Alter, ab dem regelmäßige Tests empfohlen werden, von 21 auf 25 Jahre angehoben. Ich sehe darin nichts Schockierendes oder Beunruhigendes: Sollte dem nicht so sein, gebe ich mein Unwissen auf diesem Gebiet zu und bitte Gynäkologen und Onkologen um Klarstellung. Dessen ungeachtet war die Nachricht sehr wohl schockierend: Nachdem ich einige der Links angeklickt und nachverfolgt hatte, musste ich feststellen, dass die Bezeichnung „Individuen mit einem Gebärmutterhals“ nicht etwa irgendein unsinniges, politisch korrektes Gefasel eines CNN-Reporters war, sondern wörtlich einem von der Amerikanische Krebsgesellschaft publizierten Artikel entnommen worden war.
Die Publikation ist kostenlos online erhältlich. Der nüchterne Titel „Gebärmutterhalskrebs-Früherkennung bei Menschen mit durchschnittlichem Risiko: Aktualisierung der Leitlinien der Amerikanischen Krebsgesellschaft für das Jahr 2020“ lässt nicht auf heftige Kontroversen oder Debatten schließen, geschweige denn auf ein Konzept, das neben Wissenschaft auch Ideologie aufzutischen versucht. Und doch liest man gleich in der ersten Zeile in der Zusammenfassung des Beitrags: „Die Amerikanische Krebsgesellschaft (American Cancer Society ACS) empfiehlt Individuen mit einem Gebärmutterhals, mit Tests zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs im Alter von 25 Jahren zu beginnen“.
Selbstverständlich wäre es für jemanden, der keinen Gebärmutterhals hat, völlig sinnlos, sich regelmäßigen Screenings zur Erkennung von Gebärmutterhalskrebs zu unterziehen. Früher nannten wir solche Personen einfach „Frauen“. Doch die Amerikanische Krebsgesellschaft übernimmt hier das „Neusprech“ der Gender-Ideologie und der LGBT-Extremisten und versucht, „Transmänner“ mit einzuschließen – d.h. biologische Frauen, die einen „Wandel zum Männlichsein vollzogen“ haben, aber immer noch einen Gebärmutterhals haben und daher an Gebärmutterhalskrebs erkranken können.
Aber kann das wirklich schaden? Oder haben sich die Ärzte in Heuchler verwandelt und das erste Prinzip des Hippokratischen Eids, niemandem Schaden zuzufügen, verraten? Ich glaube, Letzteres ist der Fall. Erstens: Was auch immer die radikale Gender-Ideologie weiter untermauert und normalisiert und immer mehr Menschen (vor allem junge Menschen) dazu ermutigt, den gefährlichen Weg der „Umwandlung“ einzuschlagen, ist von vorneherein problematisch. Zweitens: ging es bei Krebsvorsorgekampagnen traditionell immer darum, so direkt und eindeutig wie möglich zu sein, manchmal sogar in extremem Ausmaß. Man denke nur an Kampagnen zur Brustkrebsfrüherkennung, die gelinde gesagt alles andere als beschönigend waren! Aber welche Frau bitte reagiert auf eine derartige Bezeichnung und fühlt sich als „Individuum mit Gebärmutterhals“ angesprochen? Wäre nicht etwa eine Schlagzeile in der Art „FRAUEN! Aufgepasst!“ eher dazu geeignet, ihre Aufmerksamkeit zu erregen? Tatsache ist: Frauen als „Individuen mit einem Gebärmutterhals” zu bezeichnen, ist herabwürdigend und beleidigend und fügt ihnen obendrein Schaden zu. Wer Gesundheitsaufklärung betreibt und Frauen zu Vorsorgeuntersuchungen auffordern will, sollte sie direkt und unmissverständlich ansprechen.
Leider sind Direktheit und Unzweideutigkeit heutzutage, wie die Bürger von George Orwells Ozeanien vielleicht sagen würden, „doppelplus unüblich“. Die Ironie liegt freilich darin, dass diese „Individuen mit einem Gebärmutterhals“, denen die Krebsgesellschaft zu Vorsorgeuntersuchungen und Kontrollen rät, einen Arzt mit der Berufsbezeichnung „Gynäkologe“ aufsuchen werden – ein Wort, das direkt vom griechischen Wort für Frau, gyne, abstammt (γυνή). Wie lange, fragt man sich, wird es noch dauern, bis dieser medizinische Titel als Ungutsprech erachtet und durch das umständlichere „Arzt für Individuen mit Gebärmutterhals“ ersetzt wird? Normalerweise würde ich sagen, das scheint weit hergeholt – aber andererseits hätte ich vor fünf Jahren dasselbe über diese Nachricht gesagt…
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