Wendet Hertha BSC Anti-Homophobie-Gesetz an?

Torwarttrainer wird nach Kritik an einer Kampagne zur „Regenbogenfamilie“ entlassen

In vielen Regimen war Andersdenken nicht erlaubt. In der Tat herrschte in der DDR zu Zeiten des Kommunismus ein Klima der Zensur. Der Preis, den man für seine abweichenden Ansichten zahlen musste, war hoch: Man konnte im Gefängnis landen oder sogar (alles in allem war dies vielleicht das beste Szenario) seinen Job verlieren. Mehr als dreißig Jahre sind seit dem Fall der Berliner Mauer vergangen, und doch scheint es eine weit verbreitete und anhaltende Praxis zu sein, Andersdenkende, die unerwünschte Meinungen äußern, zu entlassen. Wurden zu DDR-Zeiten die Zweifler am „kommunistischen Paradies“ geächtet, haben sich die Zeiten geändert. Heutzutage wird verfemt, wer die Ideologie der politischen Korrektheit ablehnt.

Das belastende Interview

Zsolt Petry, der ungarische Torwarttrainer des Fußball-Bundesligisten Hertha Berlin, wurde gefeuert, nachdem er der konservativen ungarischen Zeitung Magyar Nemzet am 7. April ein Interview gegeben hatte. Was kann er bloß so Unangemessenes gesagt haben? Petry antwortete lediglich auf eine Frage zur Kampagne zugunsten gleichgeschlechtlicher Paare, die von seinem Landsmann und Leipziger Torwart Péter Gulácsi in den Medien lanciert worden war. Er sagte: „Die Mehrheit der Ungarn ist, was die ‘Regenbogenfamilie’ anbelangt, nicht mit ihm einverstanden. Das ist der Grund, warum viele ihn kritisiert haben.“ Doch Petry fügte auch hinzu: „Letztendlich ist Péter seinen Prinzipien treu geblieben. Er kann und sollte nicht dafür verurteilt werden, dass er eine Meinung äußert. Ob die Leute mit ihm einverstanden sind oder nicht, ist eine andere Sache.“ Als ob er sagen wollte: Es ist legitim, dass er sich politisch äußert, aber ebenso legitim, dass ihm jemand widerspricht.

Christliches Europa? Das darf man nicht sagen

Es geht noch weiter. Im letzten Teil des Interviews wurde der inzwischen Ex-Torwarttrainer von Hertha BSC gefragt, ob er „mit den Konservativen sympathisiert“. Erst holte er weit aus, kam dann aber auf den Punkt und erklärte, dass „Europa ein christlicher Kontinent“ sei. Er bedauere den „sich ausbreitenden moralischen Verfall“ und die Tatsache, dass „die Liberalen“ alle, die Einwanderung nicht als positives Phänomen betrachten, „als Rassisten“ brandmarken. Schließlich stellte er fest, dass „die Meinung Anderer immer weniger toleriert wird, vor allem wenn es sich um eine konservative Meinung handelt“. Ende des Interviews. Aber auch das Ende seiner Laufbahn beim berühmten Bundesligisten.

Die Erklärung des Vereins

„Die Geschäftsführung von Hertha BSC hat im Hinblick auf gewisse Aussagen des Torwarttrainers Zsolt Petry in einem Interview mit der dem Verein unbekannten, ungarischen Zeitung ‚Magyar Nemzet’ beschlossen, Zsolt Petry mit sofortiger Wirkung zu entlassen“, heißt es in einer Mitteilung des Vereins. Weiter heißt es: „Hertha BSC hat die ‚Charta der Vielfalt’ unterzeichnet und setzt sich als Verein aktiv für Werte wie Vielfalt und Toleranz ein, denn dies sind für uns wichtige Werte. Diese Werte sind in den Aussagen von Zsolt Petry, die er als unser Mitarbeiter öffentlich kundgetan hat, nicht zu finden.“

Hertha BSC als Vorbild der Anti-Homophobie-Befürworter?

Damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Der ungarische Außenminister Péter Szijjártó schaltete sich zugunsten von Petry ein und fragte in einem Post auf seiner Facebook-Seite die Europäische Kommission, ob es nicht an der Zeit sei, zum Schutz der Meinungsfreiheit zu intervenieren. „In Deutschland wurde ein Mann entlassen, weil er seine Meinung über Einwanderung und Familie geäußert hat. Wo seid ihr jetzt? Wann greift ihr ein?“, so die (vielleicht rhetorische) Frage von Seiten des magyarischen Regierungsvertreters. Und nicht nur das. Ungarns Staatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten, Levente Magyar, hat den deutschen Botschafter in Budapest einbestellt. „Deutschland hat, genau wie Ungarn, den Terror“ gegen die Meinungsfreiheit „am eigenen Leib erfahren. Deshalb ist der Schutz dieses Grundrechts unsere gemeinsame moralische Verpflichtung“, sagte er. Wer weiß, was die Befürworter des sogenannten „Gesetzes Zan“ in Italien davon halten werden.

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