Die Vereinten Nationen (UNO) rügen Belgien wegen seines Euthanasie-Gesetzes. Während der Sitzung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen, in Genf wurden die humanitären Auswirkungen des Gesetzes in Frage gestellt. In Belgien ist Euthanasie seit 2002 legal. Ursprünglich wurde sie nur erwachsenen Patienten angeboten, die sich in einem Krankheitsstadium ohne Aussicht auf eine angemessene gesundheitliche Besserung befanden. Im Jahr 2014 wurde das Gesetz jedoch überarbeitet und Sterbehilfe auch bei Minderjährigen erlaubt und zwar ohne Altersgrenze. Im Laufe der Jahre ist die Regelung stetig erweitert worden und umfasst nun als Begründung für Euthanasie auch „Lebensüberdruss“. Euthanasie wurde sogar bei Liebeskummer und infolge einer gefälschten Diagnose des Asperger-Syndroms durchgeführt, wie iFamNews im vergangenen Jahr berichtete.
Ein außer Kontrolle geratener Teufelskreis
„Eine gerechte Gesellschaft umsorgt und schützt die Schwächsten“, sagt Rechtsanwalt Giorgio Mazzoli, der ADF International bei den Vereinten Nationen vertritt. Mazzoli wies darauf hin, dass „das jedem Menschen innewohnende Recht auf Leben durch internationales Recht geschützt ist. Zudem sind die Nationen verpflichtet, die Würde und das Leben aller Menschen zu schützen, und nicht, es zu beenden.“ Mazzoli betonte, dass „das belgische Euthanasiegesetz leider im Laufe der Jahre einen außer Kontrolle geratenen Teufelskreis erfahren hat.“
Der Appell
Der Anwalt erinnerte an den Fall einer 24-jährigen Frau, die 2015 in Belgien aufgrund von Depressionen um Sterbehilfe bat, obwohl sie körperlich gesund war. „Es ist sicher kein Zeichen von Fortschritt, wenn eine Regierung sich weigert, denjenigen Hilfe und Beistand zu leisten, die sie am dringendsten brauchen“, so Mazzoli weiter. Abschließend stellte er fest: „Wir fordern die belgische Regierung auf, die Empfehlungen, die sie zu diesem Thema erhalten hat, anzunehmen: die Euthanasie zu beenden und stattdessen die Ressourcen für die Verbesserung der Palliativmedizin zu verwenden.“
Der Fall vor dem EGMR
Die UNO ist nicht die einzige. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Belgien wegen der Anwendung des Euthanasiegesetzes zur Rechenschaft gezogen. Der Vorwurf, nicht genug für den Schutz des Lebens zu tun, kommt in diesem Fall von einem Mann, Tom Mortier, dessen an Depressionen leidende Mutter im Jahr 2012 dem sogenannten „guten Tod“ anheim fiel. „Meine Mutter hatte ein schweres psychisches Problem. Sie hatte ihr ganzes Leben lang mit Depressionen zu kämpfen“, erklärt Mortier und fügt hinzu: „Sie wurde jahrelang von Psychiatern behandelt und schließlich wurde der Kontakt zwischen uns abgebrochen. Ein Jahr später erhielt sie eine tödliche Injektion. Weder der Onkologe, der die Injektion verabreichte, noch das Krankenhaus hatten mich oder meine Geschwister darüber informiert, dass unsere Mutter Euthanasie in Betracht zog. Ich erfuhr es erst am darauffolgenden Tag, als mich das Krankenhaus anrief und mich bat, mich um die Abwicklung der Formalitäten zu kümmern.“
Sechs Euthanasie-Tote pro Tag
Der Fall von Mortiers Mutter vor dem EGMR könnte einen Präzedenzfall schaffen, der die rechtliche Verankerung einiger Euthanasiegesetze ins Wanken bringen könnte. „Dem jüngsten Bericht der [belgischen] Regierung zufolge wird Euthanasie im Durchschnitt an sechs Personen pro Tag durchgeführt, und das ist vielleicht nur die Spitze des Eisbergs. Die Zahlen zeigen eine ganz klare Wahrheit auf: Sobald solche Gesetze verabschiedet sind, kann man die Auswirkungen der Euthanasie nicht mehr kontrollieren“, sagt Robert Clarke, stellvertretender Direktor von ADF International, der Mortier vor Gericht vertritt.