Die sogenannten „Konversionsbehandlungen“ sind ein heikles Thema und bieten Nährboden für Missverständnisse und Kontroversen. Es ist ein weites Feld, in dem sehr unterschiedliche, manchmal sogar gegensätzliche Ansätze zur Bewältigung des Unbehagens, das durch Geschlechtsdysphorie oder die eigene Sexualität verursacht wird, koexistieren. Wie bereits in den letzten Monaten auf iFamNews berichtet, handelt es sich bei einigen dieser „Therapien“ um unhaltbare Misshandlungen, die uneingeschränkt verurteilt werden müssen.
Verbot von „Konversionstherapien“
Dennoch haben einige Länder kurzen Prozess mit dem Thema gemacht: Dadurch besteht nun das Risiko, dass selbst Menschen, die um psychologischen, spirituellen oder einfach nur menschlichen Beistand bitten, dieser verweigert wird. Dies ist in Deutschland geschehen, wo es gesetzlich verboten ist, dass Minderjährige sich aus freien Stücken an hilfeleistende Institutionen oder Personen wenden dürfen. Das könnte bald auch in Kanada der Fall sein. Dort werden Maßnahmen diskutiert, die sogar Gefängnisstrafen vorsehen für jene, die Hilfe anbieten. Ein weiteres Beispiel ist der Bundesstaat Victoria in Australien. Mehrere christliche Kirchenführer kritisierten ein Gesetz, welches die Religionsfreiheit einschränkt. Das Gesetz wurde Anfang Februar dennoch verabschiedet.
Das Beispiel Großbritannien
Um zu verhindern, dass sich derartiges auch in Großbritannien abspielt, hat sich in den letzten Tagen die Church of England eingeschaltet. Der Unterhaus-Abgeordnete und Vertreter der Kirche Englands, Andrew Selous von der Konservativen Partei, forderte die Regierung auf, ein Gesetz gegen „Konversionstherapien“ zu verabschieden, ohne jedoch die Geistlichen zu bestrafen, die Menschen, die sich mit ihrer Sexualität unwohl fühlen, spirituell beistehen. „Die Kirche“, so Selous, „hält es für möglich, den ‚Konversionstherapien’ ein Ende zu setzen, ohne zu verbieten, dass Menschen privat mit Kirchenvertretern beten oder sprechen zu dürfen.“ Der britische Premierminister Boris Johnson reagierte seinerseits am 27. März auf die von Peter Lynas von der Evangelischen Allianz geäußerten Bedenken: „Wir werden es Erwachsenen weiterhin ermöglichen, angemessene spirituellen Beistand (was auch das Gebet miteinschließt) in Kirchen und anderen religiösen Einrichtungen zu finden“.
Was Sorgen bereitet…
Von diesen Beteuerungen ist Andrea Williams, die Geschäftsführerin von Christian Concern, einer der wichtigsten evangelikalen Gruppen Großbritanniens, nicht überzeugt. Sie weist darauf hin, dass „die extremen Praktiken“ in Großbritannien bereits illegal sind. Von den sogenannten „Konversionstherapien“ bleibe also nur noch „die Unterstützung durch das gemeinsame Gebet in Kirchen und Gemeindegruppen“ übrig. Williams’ Befürchtung ist, dass „priesterliche, seelsorgerische Bemühungen, um Menschen zu helfen, homosexuelle Anziehung (oder Geschlechtsdysphorie) nicht auszuleben, mit Elektroschock-‚Therapie’ oder ‚korrigierender Vergewaltigung’“ gleichgesetzt würden.
Der Gesetzgebungsprozess
In Großbritannien geht die Gesetzesdebatte auf das Jahr 2018 zurück, als die damalige Premierministerin Theresa May beschloss, „Konversionstherapien“ im Zuge ihres LGBT+-Gleichstellungsplans zu verbieten. Nun sind nicht nur Kirchenvertreter und christliche Aktivisten vor den Kopf gestoßen. Auch einige Psychotherapeuten äußerten ihre Zweifel. Sie befürchten, sie könnten sich strafbar machen, wenn sie mit jungen Patienten sprechen, welche Probleme mit ihrer „Geschlechtsidentität“ haben. Aus diesem Grund erklärte die konservative Abgeordnete Alicia Kearns, es könnten Schutzmaßnahmen für anerkannte Fachärzte, die mit dieser Art von Situation zu tun haben, eingeführt werden. Bislang sind jedoch, abgesehen von Johnsons Beteuerungen, keine konkreten Schutzmaßnahmen für Geistliche geplant.