Im Jahr 1999 veröffentlichte die päpstliche Stiftung „Kirche in Not“ zum ersten Mal einen Bericht zur Religionsfreiheit in der Welt. Zweiundzwanzig Jahre sind seither vergangen, aber das Thema ist noch immer brandaktuell. In jüngster Zeit konnte man sogar ein Wiederaufleben des Hasses beobachten. Ein Vergleich belegt dies: Waren es im vorletzten Bericht aus dem Jahr 2018 weltweit noch 38 Länder, die die Religionsfreiheit verletzten, sind es dem aktuellen und vor kurzem veröffentlichten Bericht zufolge bereits 62. Darüber hinaus ist die Zahl der Länder, in denen die Verfolgung mit Gewalt verbunden ist, ebenfalls gestiegen, von 21 auf 26. Im Klartext: 5,2 Milliarden Menschen (65% der Weltbevölkerung) leben in Ländern, in denen Religionsfreiheit nicht geachtet wird.
Alarm in Afrika
Wie Alessandro Monteduro, Direktor von Kirche in Not Italien, während der Pressekonferenz zur Vorstellung des Berichtes erklärte, hat sich „auf dem afrikanischen Kontinent eine schwerwiegende Zuspitzung der Lage“ vollzogen. Hier sind es neun Länder mehr im Vergleich zu 2018, womit sich der Anteil der Nationen, in denen Verletzungen der Religionsfreiheit verzeichnet werden, auf 42 % erhöht. Grund für den alarmierenden Zustand in Afrika ist der sich immer weiter ausbreitende islamische Radikalismus. Dschihadistische Terrorgruppen sind auf dem Vormarsch. Dabei handelt es sich, so Monteduro, um „ein transnationales Terrorismus-Netzwerk“, das „nicht die Wiederherstellung des selbsternannten Islamischen Staates, sondern die Errichtung eines transkontinentalen Kalifats“ zum Ziel hat.
Ethnische und religiöse Vorherrschaft
Dschihadistischer Fundamentalismus ist nicht der einzige Faktor. Monteduro erklärte, dass auch die religiöse Verfolgung durch autoritäre Regimes zugenommen hat, die teilweise sogar eine ethnische und religiöse Vorherrschaft unterstützen. Dies ist der Fall in einigen asiatischen Nationen mit hinduistischer und buddhistischer Bevölkerungsmehrheit, wo Angehörige religiöser Minderheiten zu Bürgern zweiter Klasse degradiert werden. Monteduro betont: „Am eklatantesten ist dies in Indien, doch auch in Pakistan, Nepal, Sri Lanka und Myanmar wird eine solche Politik betrieben.“
Asia Bibi in Rom
Stichwort Pakistan: Asia Bibi war aus Kanada zugeschaltet, wo sie jetzt als Flüchtling mit ihrer Familie lebt. Die pakistanische Christin ist eine internationale Ikone der Opfer religiöser Verfolgung: Als Gotteslästerin verurteilt, verbrachte sie 3421 Tage im Gefängnis. „Es war eine psychologische Folter“, sagt sie. „Die Anschuldigungen der anderen Häftlinge, die Haltung der Polizei: alles wurde zum Kreuz, das ich tagaus tagein tragen musste.“
Besonderes am Herzen liegt ihr die Notlage der vielen jungen christlichen Frauen in ihrem Heimatland, die „entführt, vergewaltigt, zwangsverheiratet und zur Konversion gezwungen werden“. Demnächst beabsichtigt Asia Bibi, eine Reise nach Rom zu unternehmen. „Ich hoffe, Benedikt XVI. und Franziskus zu treffen, die sich für meine Freilassung eingesetzt haben“, sagt sie. Shahid Mobeen, Gründer der Gemeinschaft pakistanischer Christen in Italien, blickt besorgt in die Zukunft. „Angesichts des gegenwärtigen geschichtlichen Hintergrunds und des Abzugs der NATO-Soldaten“, merkte er an, „besteht die Gefahr, dass Pakistan womöglich zu einer Provinz eines Islamischen Staates wird.“
Digitale Verfolgung
Die Zukunft wirft auch aufgrund des technologischen Fortschritts düstere Schatten auf religiöse Minderheiten. Der Bericht von Kirche in Not beleuchtet „den Missbrauch digitaler Technologien, Cyber-Netzwerken und Massenüberwachung auf Basis von künstlicher Intelligenz (KI) und Gesichtserkennungstechnologie, die mehr Kontrolle verschaffen und so dem Zweck der Diskriminierung dienen.“ Besonders deutlich wird dieses Phänomen in China, „wo die Kommunistische Partei mit Hilfe von 626 Millionen mit KI-Technologie ausgestatteten Überwachungskameras und mit Hilfe von Sensoren an den Smartphones gegen religiöse Gruppen vorgeht.“ Doch gerade „auch dschihadistische Gruppen setzen digitale Technologien zur Förderung von Radikalisierung und zur Rekrutierung neuer Terroristen ein.“
Verfolgung auch im Westen
Die Diskriminierung macht auch vor dem Westen nicht halt. Im Bericht ist von Einschränkungen des Gottesdienstes aus gesundheitlichen Gründen die Rede. Im Dokument heißt es: „Einige Regierungen haben es für notwendig befunden, außergewöhnliche Maßnahmen zu ergreifen und die Religionsausübung in einigen Fällen unverhältnismäßig einzuschränken. Besonders augenfällig ist die Unverhältnismäßigkeit der Beschränkungen im Vergleich zu anderen nicht-religiösen Aktivitäten“. Diese Tendenz, Religion auf die engen Grenzen der Gotteshäuser zu beschränken, ist ebenfalls eine Form der Verfolgung. „Höfliche Verfolgung“ nennt sie Papst Franziskus.
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