Vor 10 Monaten erreichte die CoViD-19-Pandemie Europa. Daraufhin beschlossen viele Regierungen verschiedene Beschränkungsmaßnahmen in der Bemühung, die Infektion zu stoppen. In den letzten Monaten haben wir oft über einen Scheidungs- und Trennungsboom gelesen, deren Ursache im erzwungenen Zusammenleben liege. Aber wie hat sich der Lockdown tatsächlich auf die Paarbeziehung ausgewirkt? Erleben wir einen regelrechten Boom an Scheidungen und Trennungen? Um diese Frage geht es in einer Studie der Marriage Foundation, die 2.559 Elternpaare befragt und die Daten ausgewertet hat. Nicht ganz ohne Überraschung lauten die Ergebnisse der Studie: 20 % der Beziehungen sind gestärkt und nur 9 % geschwächt aus dem Lockdown hervorgegangen.
Einschränkungen und persönlicher Freiraum
Das heißt nicht, dass die Einschränkungen des sozialen Lebens keine Reibungen verursacht haben. Der Studie zufolge berichteten die Väter, dass sie „ziemlich“ oder „sehr unglücklich“ seien, „viel streiten“ und sogar „bereuen, verheiratet zu sein“. Dennoch zogen nur 0,7 % der verheirateten Väter eine Scheidung in Betracht; dies entspricht einem Rückgang von 66% im Vergleich zu vor der Pandemie. Auch verheiratete Mütter sagten aus, sie fühlten sich oft „unglücklich“, haben aber dennoch nicht die Absicht, sich scheiden zu lassen – ganz entgegen anderslautender Berichte in den Massenmedien. Nichtsdestotrotz nahm die Häufigkeit von Diskussionen und Streitereien während des Lockdowns zu. Dabei war die Aufteilung der häuslichen Aufgaben einer der meistgenannten Streitauslöser. So war ein Drittel der befragten Mütter der Meinung, ihre Ehemänner erledigten ihren Teil der Hausarbeit nicht.
Anders die Ergebnisse aus der Befragung unverheirateter, zusammenlebender Paare. Von den in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Müttern antworteten 22%, dass sich die Beziehung zu ihrem Partner verschlechtert habe, während dies auf nur 7% der verheirateten Mütter zutraf.
Betrachtet man die gesamte Gruppe der in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Mütter, so stellt man fest, dass alle negativen Messwerte in Bezug auf den Lockdown angestiegen sind, z.B. das Gefühl „äußerst unglücklich“ zu sein sowie ein erhöhtes Ausmaß an Beziehungskonflikten. Für Sir Paul Coleridge, Gründer der Marriage Foundation, besteht kein Zweifel: „Das Fehlen einer formellen Verpflichtung hat ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, als das Bedürfnis nach vollkommener und unmissverständlicher Zusammengehörigkeit am größten war, Unsicherheit und Unklarheit erzeugt.“
Ehe vs. nichteheliches Zusammenleben
Gerät der Mythos der uneingeschränkten Freiheit, die ohne bindende Verpflichtungen und ohne althergebrachte religiöse Traditionen auskommt, angesichts der Herausforderungen des Lebens ins Wanken? „Der Forschungsbericht zeigt, dass der Lockdown zwar in einigen Ehen zu Spannungen geführt hat“, erläutert Harry Benson, Leiter des Forschungszentrums der Marriage Foundation, „doch die Zahlen lassen darauf schließen, dass der Lockdown für die meisten britischen Ehepaare weitgehend positiv war, auch unter Berücksichtigung demografischer Unterschiede. Im Gegensatz dazu verdeutlicht die Studie die besorgniserregende Unsicherheit der Mütter, die in nichtehelicher Lebensgemeinschaft leben. Daher muss die Regierung aufhören, zu behaupten, dass das Zusammenleben dasselbe wie die Ehe sei. Für einige mag das so sein. Doch während Beständigkeit bei verheirateten Paaren die Norm ist, ist sie bei zusammenlebenden Paaren die Ausnahme. Und den Schaden tragen die Mütter, die in einer nichtehelichen Partnerschaft leben. Das ist der hohe Preis den die Regierung dafür bezahlt, noch keine ernsthafte Politik zur Förderung der Ehe auf den Weg gebracht zu haben“.
Realität
Hat der Lockdown nun einen Scheidungsboom verursacht? Nein, die Ergebnisse der Studie widerlegen viele der in den europäischen Massenmedien verbreiteten Schlagzeilen. Der Lockdown, den die Urheber der Studie als „Belastungstest“ für Paare definieren, hat die Menschen jedoch gezwungen, sich mit ihrer realen Situation, ihren Gefühlen und ihrem Wunsch nach einer gemeinsamen Zukunft auseinanderzusetzen.
Wie die Untersuchung zeigt, haben die Verpflichtungen außer Haus – seien es Geschäftsessen, Fitnessstudiobesuche oder gar Urlaubsreisen – tatsächlich in den letzten Monaten drastisch abgenommen bzw. ganz aufgehört, so dass man gezwungen war, mehr Zeit gemeinsam zu Hause zu verbringen. Dabei förderte die Stabilität der Ehe nicht nur den Zusammenhalt des Paares und die Beziehung zu ihren Kindern (26 % der Eltern gaben an, die Beziehung zu ihren Kindern habe sich verbessert, weil sie mehr Zeit mit ihnen verbringen und gemeinsame Aktivitäten unternehmen), sondern fungierte auch als Schutz für die Mütter, die während des Lockdowns alle zu Hause in besonderer Weise umsorgen mussten.
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