Vor einigen Monaten hat der schottische Abgeordnete Liam McArthur ein öffentliches Anhörungsverfahren zur Legalisierung der Sterbehilfe eingeleitet. Bereits 2010 war in Schottland ein ähnlicher Gesetzentwurf vorgelegt, aber kategorisch abgewiesen worden. Der Gesetzesvorschlag wurde dann im Januar 2015 erneut im Parlament diskutiert und bei dieser Gelegenheit erwies sich die öffentliche Meinung sehr viel unschlüssiger. Das war gewiss auch auf die heftige Pressekampagne zurückzuführen, die von der Pro-Euthanasie-Vereinigung My Life, My Death, My Choice getragen wurde. Doch trotz der Veröffentlichung von Umfragen, die zeigten, dass fast 70 % der Bevölkerung den „assistierten Suizid“ befürworteten – eine in den vergangenen Jahren im Kampf um die Abtreibungslegalisierung bereits erprobte Taktik – hatte das schottische Parlament das Assisted Suicide Scotland Bill mit 82 Nein-Stimmen gegen lediglich 36 Ja-Stimmen abgelehnt.
Bei der Abstimmung 2015 hatte McArthur erklärt: „Im Laufe der Jahre bin ich zu dem Schluss gekommen, dass der Status quo nicht länger tragbar ist, dass eine Veränderung notwendig ist und dass es jetzt darauf ankommt, den Menschen sowohl einen würdevollen Tod als auch ein würdevolles Leben zu ermöglichen […]. Das Recht auf Leben bedeutet nicht Zwang zum Leben. Ziel ist es, das Lebensende mit Würde, Respekt und Entscheidungsfreiheit zu gewährleisten“.
„Recht auf Sterbehilfe“
McArthurs neuer Gesetzentwurf zielt nun darauf ab, das Recht auf Sterbehilfe für unheilbar kranke und geistig zurechnungsfähige erwachsene Patienten einzuführen. Zwölf Parlamentarier haben den Vorschlag bereits unterzeichnet. McArthur rechnet damit, alle durch die zuvor abgelehnten Gesetzesentwürfe aufgeworfenen Bedenken ausräumen und auf eine „breite parteiübergreifende Unterstützung“ zählen zu können. Zu diesem Zweck wurden Schutzklauseln eingeführt, d. h. eine Reihe von Voraussetzungen für das Recht auf Sterbehilfe: Das Gesetz würde nur für Erwachsene gelten, die in Schottland leben, an einer unheilbaren Krankheit leiden und im Besitz einer Bescheinigung über ihre uneingeschränkte Geschäftsfähigkeit sind.
Eine folgenschwere Entscheidung
Bereits im Juli hatten fast zweihundert Beschäftigte des Gesundheitswesens gegen den Entwurf protestiert und sich in einem offenen Brief an Gesundheitsminister Humza Yousaf gewandt, dessen Pflicht es ist, „für die Sicherheit und das Wohlergehen der Patienten zu sorgen“. Das Gesetz bringe, so die Unterzeichner des Briefes, „die Gefahr mit sich, schutzbedürftige Patienten nicht vor Missbrauch schützen zu können, das Vertrauen der Patienten in die Ärzte zu untergraben und gebrechlichen, älteren und behinderten Patienten eine eindeutige Botschaft über die geringe Wertschätzung vermitteln, die die Gesellschaft ihnen als Personen beimisst“.
Dr. Gillian Wright, Ärztin, Bioethikerin und ehemalige Palliativmedizinerin, hat betont, dass das Leiden am Lebensende „uns alle als Gesellschaft veranlassen sollte, nicht zum Selbstmord beizutragen, sondern eine gut finanzierte, zugängliche und qualitativ hochwertige Palliativversorgung für alle bereitzustellen“. Tatsächlich ist Palliativmedizin der Schlüssel zu einem „guten Tod“, wie der italienische Mediziner Dr. Marcello Ricciuti auf den Seiten von iFamNews erklärt.
Auch die Church of Scotland hat eine klare Position zum neuen Gesetzesentwurf bezogen und erklärt, dass man durch die Einführung des „assistierten Suizids“ für schutzbedürftige Menschen „den Rubikon überschreiten würde und es kein Zurück mehr gäbe“.
Schutzbedürftige Menschen in Gefahr
Die Care Not Killing-Koalition, die sich für umfassendere und bessere Palliativbehandlungen einsetzt, lehnt den neuen Gesetzesentwurf strikt ab. Sie argumentieren, dass der Gesetzentwurf „Druck auf schutzbedürftige Menschen ausüben und sie dazu veranlassen würde, das eigene Leben beenden zu wollen, aus Angst, eine finanzielle, emotionale oder pflegebedingte Last für andere zu werden“.
Derselben Meinung ist Anthony Horan, Vorsitzender des Katholischen Parlamentsbüros: „Die Legalisierung des assistierten Suizids übt auf ohnehin schwache Menschen einen ungeheuren Druck aus, ihr Leben vorzeitig zu beenden“. Ähnlich formuliert es Simon Calvert, stellvertretender Leiter der Öffentlichkeitsarbeit des Christian Institute: „Aus der Wahl zu sterben wird ganz schnell die Pflicht zu sterben“, dabei bedeutet „wahres Mitgefühl mit den unheilbar Kranken, ihren Leben Wert beizumessen, ihnen Hoffnung zu geben und sicherzustellen, dass ihnen, wenn erforderlich, eine hochwertige Palliativversorgung zur Verfügung steht“. Dies belegt auch eine Umfrage von Age Scotland, die ergab, dass ein Drittel der älteren Bevölkerung in Schottland das eigene Leben als eine Bürde für die Gesellschaft empfindet.
Es handelt sich hier um ganz konkrete Gefahren, wie Prof. Theo Boer in den Niederlanden bezeugt, wo Sterbehilfe vor 20 Jahren legalisiert wurde. Seine Warnung richtet sich an alle Regierungen: „Folgen Sie nicht dem niederländischen Beispiel“.
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