Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Konsum von Pornografie, insbesondere von Gewaltpornografie, und Vergewaltigung?
Angesehene wissenschaftliche Studien, sowohl experimentelle als auch nicht-experimentelle, haben schon vor längerer Zeit darauf hingewiesen, darunter die 2010 veröffentlichte Arbeit Pornography and attitudes supporting violence against women: revisiting the relationship in non-experimental studies von Gert Martin Hald, Neil M. Malamuth und Carlin Yuen.
Die Untersuchung wurde von der Psychologin und Universitätsprofessorin Chiara Volpato in ihrem Buch Psychosoziologie des Machismus aufgegriffen, das 2013 im Laterza Verlag erschienen ist. Darin stellt die Autorin fest, dass „[…] viele empirische Studien die Existenz eines direkten Zusammenhangs zwischen Pornografie und Gewalt belegen. Das Anschauen von pornografischem Material führt zu erhöhter Akzeptanz von sexueller Gewalt und verstärkt mit Vergewaltigung verbundene Vorurteile, wie eine aktuelle Meta-Analyse zeigt“. Volpato bringt die Gedanken von Pietro Adamo, der an der Abteilung für Historische Studien der Universität Turin lehrt, auf den Punkt: „Die Inszenierung von Hardcore-Pornos seit Mitte der neunziger Jahre [des letzten Jahrhunderts] hat eine mächtige und übermächtige Ikonographie der Gewalt begünstigt, die sich hauptsächlich auf die Mechanismen der expliziten Unterordnung der Frau dem Mann gegenüber konzentriert.“
Zahlreiche weitere Arbeiten sind auf der Website des National Center for Biotechnology Information zu finden und bestätigen das bisher Gesagte.
Kein Wunder also, dass das kürzlich auf Sky News veröffentlichte Interview von Dandy Doherty – einer jungen Britin, die mit 11 Jahren sexuell missbraucht und mit 15 Jahren von Gleichaltrigen vergewaltigt wurde – eine echte Anklage ist, die einen weiteren, grausamen Aspekt des Themas zutage fördert. Pornografie und insbesondere Gewaltpornografie sind in zunehmendem Maße für Jugendliche und sogar für Kinder zugänglich.
Dandy Doherty gehört zu den Mitwirkenden von Everyone’s Invited, dessen deutliche Mission auf der Homepage zu lesen ist: „We are a movement committed to eradicating rape culture“, sprich „Wir sind eine Bewegung, die die ‚Vergewaltigungskultur’ ausradieren will“. Sie tun dies unter anderem, indem sie die Zeugnisse derer sammeln, die sie als „Überlebende“ definieren. Doherty hebt eine offensichtliche Wahrheit hervor: Es ist unangemessen, dass sich ein 10-jähriges Kind Online-Videos ansieht, die oftmals gewalttätigen und entwürdigenden Geschlechtsverkehr inszenieren. Schlimmer noch – denn das Kind denkt angesichts der wenigen emotionalen und psychologischen Werkzeuge, die ihm zur Verfügung stehen, dass das, was es dort sieht, Sexualität ist; echte Sexualität, die man im echten Leben, mit einer echten Person nachahmen sollte.
Trotzdem passiert es andauernd. Kinder haben potenziell unbegrenzten Zugang zu Online-Pornografie und nutzen den auch – ob versehentlich oder nicht – in der Ungestörtheit ihrer Kinderzimmer. Sicherungssysteme wie parental control scheinen nicht zu helfen, oder aber es sind nur wenige Eltern, die sie aktivieren.
Hinzu kommt noch ein dritter Aspekt, der an das bisher Gesagte anknüpft und worüber iFamNews in der Vergangenheit bereits berichtet hat. So haben wir eine Petition initiiert, um Netflix, die bekannte Plattform für kostenpflichtige Streaming-Angebote, dazu zu bringen, den Film „Cuties“ aus seinem Angebot zu entfernen. Es ist nicht so, dass iFamNews Zensur befürwortet, im Gegenteil. Aber die Adultisierung und Hypersexualisierung von 10-jährigen Mädchen ist erstens aus pädagogischer Sicht ein schwerwiegender Fehler und zweitens ein abstoßender Trend, der vor allem im Internet immer weiter um sich greift.
Schließlich verdient ein vierter Punkt Beachtung, um das Gesamtbild zu vervollständigen, der mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt: Wie viel Pornografie richtet sich an Erwachsene, die sich für Kinder „interessieren“ oder die sie zumindest zum Objekt sexueller Phantasien machen?
Offenbar eine ganze Menge. Belle Delphine, eine 21-jährige Instagrammerin, die 2019 ihr schmutziges Badewasser online zum Verkauf anbot, ist nun dazu übergegangen, pornografische Videos zu drehen. Darin sieht man sie als kleines Mädchen im Manga-Stil verkleidet, mit viel rosa und in zuckersüßen Kinderzimmer-Settings, das von einem Mann entführt und in einen Wald gebracht wird, der sie dann vergewaltigt; oder wo sie von einem als Teddybär verkleideten Erwachsenen vergewaltigt wird, der auf ihrem Kinderbettchen liegt.
In einem unserer Artikel haben wir bereits von Puppen mit kindlichem Körperbau und Gesichtszügen berichtet, die als Sexspielzeug verwendet werden. Auch startete in den vergangenen Tagen eine Online-Petition, die von den Feministinnen des Radfem Collective mit dem Hashtag #MyUniformIsNotYourCostume unterstützt wird, und die den Verkauf von sozusagen abgewandelten Schuluniformen in Sexshops stoppen will.
Was Belle Delphine betrifft, so ist die Nachfrage nach den von ihr angebotenen Inhalten offensichtlich beträchtlich, denn ihre monatlichen Einnahmen haben sich im letzten Jahr von 665.000 $ auf einige Millionen US-Dollar vervielfacht. Die kostenpflichtige Plattform OnlyFans, auf der Delphine ihre Videos präsentiert und die sich ausschließlich an ein „erwachsenes“ Publikum richtet, behält davon 20 % ein.
Warum, hat irgendjemand geglaubt, Pornos seien kostenlos?