Die neue Drogenkultur: Ein Auswuchs des liberalen Zeitgeists

Psychedelische und halluzinogene Drogen sind wieder groß in Mode. Dahinter stecken jede Menge Geld und Lügen.

Bild: Dana Foundation

„Gib niemals auf, laufe niemals weg. Es ist besser, sich den Dingen zu stellen und zu leiden. Es ist nicht so schlimm wie man denkt. Aber man darf unter keinen Umständen aufgeben“. Vielleicht verliert unser Leben an Bedeutung, vielleicht können wir einander nicht mehr verstehen, Schwierigkeiten überwinden und uns so verhalten, wie es Etty Hillesum (1914-1943) in ihrem Tagebuch anmahnt. Die junge niederländische Jüdin, die im Alter von 29 Jahren in Auschwitz starb, ist in der Tat ein Beispiel für Stärke und Charakter unter dramatischen Umständen. Heute neigen wir dazu, vor Schwierigkeiten wegzulaufen und sie zu verbergen oder uns in künstliche Paradiese zu flüchten.

Zwischen dem 26. September und dem 3. Oktober erschien auf dem Bird Billboard amTimes Square in New York, mitten in Manhattan, dem geschäftigsten Viertel der Welt, wo jedes Jahr Millionen von Menschen vorbeikommen, ein riesiges Werbeplakat, so groß wie ein Wolkenkratzer. Die Werbekampagne, die sich von der üblichen Reklame abhebt und sich auf Heilmittel auf pflanzlicher Basis bezieht, verkündete „eine Botschaft der Heilung in einer Welt, die vom Profit bestimmt ist“. Es handelt sich um die Kampagne #CelebratePlantMedicine von DoubleBlind Mag, die erste jemals in den USA veröffentlichte Werbekampagne für Halluzinogene.

Psychedelische Revolution

DoubleBlind Mag (Mag steht für ‚Magazin‘) berichtet über psychoaktive Substanzen und hatte in der Vergangenheit bereits auf sich aufmerksam gemacht, als es das erste Cannabis- Werbeplakat, das immer noch am Times Square zu sehen ist, aufstellte. Damals wurde die Kampagne vom Honeysuckle Magazine in Auftrag gegeben, das auch bei der aktuellen Kampagne zusammenarbeitet neben dem Musings Magazine (von der Umweltschützerin Susan Rockefeller gegründet), Muses Moment und Rainbo, das sich mit Heilpilzen befasst. Das Werbekonzept zielt darauf ab, den Weg für pflanzliche Arzneimittel zu ebnen, konkret gesagt: Cannabis und so genannte „magische“ halluzinogene Pilze zur Entfaltung der Persönlichkeit zu vermarkten. „Immer mehr Menschen interessieren sich dafür“, sagt Shelby Hartmann, Leiterin von DoubleBlind Mag, „aber oft […] erklären wir, dass psychedelische Drogen zwar ein unglaubliches Heilungspotenzial haben, aber nicht für jeden geeignet sind und nicht alle Probleme lösen.“

Unterdessen hat die Stadt Seattle am 4. Oktober einstimmig beschlossen, den nicht-kommerziellen Besitz zahlreicher halluzinogener Substanzen, die für „religiöse, spirituelle, therapeutische Praktiken oder zur persönlichen Entfaltung“ bestimmt sind, zu entkriminalisieren.

Aber auch Europa wird von der psychedelischen Welle erfasst. Seit einigen Monaten ist in Artikeln und Büchern immer wieder von einer „psychedelischer Revolution“ zu lesen. Darin werden die Wirkung und das Potenzial halluzinogener Substanzen – von LSD über Pilze bis hin zu Ecstasy – gepriesen.

In Deutschland scheint die CoViD-19-Pandemie eine zweite Pandemie ausgelöst zu haben, die mit psychischen Störungen zu tun hat. Es gibt bereits Millionen depressiver Menschen, denen eine Behandlung mit dem Halluzinogen Psilocybin, einem aus „Zauberpilzen“ gewonnenen Wirkstoff, angeboten wird. Bedenken äußert die Wissenschaftszeitschrift Nature und weist darauf hin, dass für die Teilnahme an der Studie Personen rekrutiert werden, „die bereits Erfahrungen mit der Einnahme psychedelischer Substanzen gemacht haben“ und sich daher eher „positiv zu dem Thema äußern“ werden.

Verzerrte Umfrageergebnisse

Nature warnt vor anderen potenziellen Störfaktoren: „Die Einverständniserklärung macht deutlich, was erwartet wird. Die Befragten sind somit bereits voreingenommen“, denn Faktoren, die nichts mit der pharmakologischen Wirkung zu tun haben (Kontext und Erwartung) können eine wichtige Rolle spielen. Außerdem sollte man wissen, dass es sich nicht um eine Blindstudie handelt, d.h. es ist keine Kontrollgruppe vorgesehen, bei der die Versuchspersonen nicht wissen, ob sie wirklich eine Droge einnehmen oder nur ein Placebo. Dies beeinträchtigt die Aussagekraft der Studien zu halluzinogenen Substanzen in entscheidender Weise.

Die Verwendung psychedelischer Substanzen in der Psychotherapie wurde von dem Psychiater Ermanno Pavesi eingehend untersucht. Er stellt zwar ihre Nützlichkeit für die Erforschung von Psychopharmaka nicht in Abrede, verurteilt jedoch deren Verwendung als Mittel zur Entpersönlichung und Schwächung des Ichs. Dem zufolge könne man nur durch Veränderung des eigenen Bewusstseinszustands die Einheit mit dem Kosmos wiedererlangen, die nach Jahrhunderten des Einflusses menschlicher Zivilisation und insbesondere der westlichen Kultur verloren gegangen sei.

Jede Menge Geld

Außerdem lässt sich mit psychedelischen Drogen großes Geld verdienen: Der Geschäftswert des Unternehmens ATAI life Sciences, im Besitz des Deutschen Christian Angermayer, wird nach nur dreijährigem Bestehen bereits auf etwa drei Milliarden US-Dollar geschätzt. Beteiligt ist auch das britische Unternehmen Compass Pathways, das synthetisches Psilocybin herstellt und fünf Jahre nach seiner Gründung als erstes Unternehmen der Branche an der Nasdaq notiert war. Heute ist das Unternehmen eine Milliarde Dollar wert. Allein schon diese Zahlen lösen Halluzinationen aus! Der Drogen-Trend ist allgegenwärtig. So wurden jüngst in Italien für das Referendum zur Legalisierung von Cannabis sehr viele Unterschriften gesammelt. Aber noch eklatanter ist die Nachricht aus Luxemburg. Dort wurde der heimische Anbau von Cannabis legalisiert, um (wie es heißt) das organisierte Verbrechen und die Drogenmafia zu bekämpfen, was Amsterdam jedoch ablehnt. Das Land, in dem alles erlaubt ist, gerät zunehmend unter die Kontrolle von gewalttätigen und skrupellosen Drogenhändlern, die nicht nur Cannabis und Haschisch, sondern das gesamte Spektrum der auf dem Markt erhältlichen Drogen vertreiben. Wie kann man den Verfechtern der Liberalisierung nur erklären, dass es Aufgabe des Staates ist, den Drogenhandel zu bekämpfen, nicht ihn zu legalisieren?

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