Assistierter Suizid für behinderte und psychisch kranke Menschen in Kanada

Ein abschreckendes Signal für Bürger „zweiter Klasse“ und nachfolgende Generationen

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Am 17. März verabschiedete der kanadische Senat den Gesetzentwurf Bill C-7. Die neue Verordnung weitet den assistierten Suizid nun auch auf Personen aus, die „unerträglichem Leiden“ ausgesetzt sind, deren natürliches Lebensende jedoch noch weit entfernt ist. Diese Erweiterung schließt außerdem Menschen mit Behinderungen sowie psychisch Kranke ein, die aber nicht unheilbar krank sind. Was seit einiger Zeit in der Schwebe war, ist somit Realität geworden. Das Ergebnis ist im Grunde die Folge einer in einigen Parlamenten der Welt immer häufiger zu beobachtenden Tendenz: Man behandelt die Leiden der Menschen nicht mit Aussicht auf Hoffnung und Fürsorge, sondern weitet statt dessen die Möglichkeiten aus, den Tod zu beschleunigen, wo das Leiden als unvereinbar mit einem abstrusen Verständnis der Würde menschlichen Lebens angesehen wird.

In Kanada geht der Wendepunkt, der als Grundlage für die Entwicklung des „Rechts auf Tod“ dient, auf das Jahr 2016 zurück, als der Senat am 7. Juni für die von der Regierung unter Premier Justin Trudeau vorgeschlagene Legalisierung des assistierten Suizids stimmte. Schon damals sahen die Richtlinien der zuständigen parlamentarischen Kommission die Möglichkeit der Sterbehilfe auch für Menschen vor, die an nicht-terminalen Erkrankungen leiden oder an Krankheiten, die nicht nur körperlichen, sondern auch psychischen Ursprungs sind.

Nach einigen Revisionen wurde beschlossen, den assistierten Suizid „nur“ für einwilligungsfähige und mündige Erwachsene zu legalisieren, deren Tod „nach vernünftigem Ermessen vorhersehbar“ war.

Aber das war nicht genug. Jetzt haben Kanadier, bei denen eine als unerträglich geltende Krankheit diagnostiziert wurde, sowie behinderte, aber nicht vor dem Tod stehende Menschen das „Recht“, medizinische Hilfe zur Beendigung ihres Lebens zu verlangen. Es hat also nur fünf Jahre gedauert, bis das ohnehin schon absurde und willkürliche Kriterium des „nach vernünftigem Ermessen vorhersehbaren“ Todes gestrichen wurde. Das hat natürlich bei vielen Menschen Besorgnis ausgelöst.

Heidi Janz, Professorin für Ethik an der Universität von Alberta in Edmonton und Vorsitzende des Ethikkomitees zum Lebensende des kanadischen Behindertenrats, hat selbst eine Behinderung und nennt das Gesetz „unverantwortlich und extrem unmoralisch“. Mehrere Organisationen, die sich für die Rechte behinderter Menschen einsetzen, haben sich dieser Entwicklung entgegengestellt: Diese Menschen haben praktisch Angst davor, unter Druck gesetzt zu werden, auf dass sie ihr Leben, sei es direkt oder indirekt, vorzeitig beenden.

Die Sorge ist berechtigt, bedenkt man die Botschaft, die die kanadische Regierung mit diesem Gesetz vermittelt und infolgedessen das Gleichgewicht im öffentlichen Diskurs zu Gunsten des Todes verschoben wird. Welchen Wert werden die neuen Generationen behinderter Menschen ihrem Leben beimessen? Wie wird sich die soziale Akzeptanz behinderter Menschen entwickeln, wo die Regierung doch nahelegt, dass der assistierte Suizid eine gerechte und moralische Lösung für sie ist?

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