Vor einer Schule in Dublin wird Gratis-Heroin an Junkies verteilt

Falsche Antwort auf ein echtes Problem. Kontroverse in Irland

Image from Flickr

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„Als einziges Heilmittel gegen deine Verzweiflung gibt dir das System Heroin mit Zitrone.“ Mit dieser Songzeile prangerte die italienische Musikgruppe Amici del Vento 1980 den Beginn jenes „Rückflusses ins Private“ an, als das politische Engagement junger Menschen auf schreckliche Weise durch Drogen verdrängt wurde. Mehr als vierzig Jahre sind vergangen, aber die Strophe des Liedes Patria ist immer noch hochaktuell.

In unmittelbarer Nähe einer Schule

Sie hallt bis ins heutige Dublin in Irland nach. So kann man auf der Website von Gript lesen, dass eine Einrichtung für Drogenabhängige zur Heroinverabreichung gebaut werden soll. Die von der Wohltätigkeitsorganisation Merchants Quay Ireland (MQI) betriebene Stätte wird täglich von sechs Uhr morgens bis neun Uhr abends geöffnet sein und private Kabinen anbieten, in denen sich die Drogensüchtigen Heroin spritzen können. Die Anlage befindet sich, wie Gript berichtet, nur 150 Meter von der St. Audoen’s National School entfernt, einer der ältesten Bildungseinrichtungen des Landes, die täglich von zahlreichen jungen Schülern besucht wird. Einer im Artikel zitierten Schätzung zufolge werden bis zum morgendlichen Eintreffen der Kinder in der Schule bereits etwa 63 Personen die Drogenkabinen genutzt haben.

Der Rechtsstreit

St. Audoen’s lässt sich das jedoch nicht gefallen. Die Schule reichte Klage ein, um ein Urteil aus dem Jahr 2019 zu kippen, welches den Umbau eines Kellers in eine Heroinausgabestelle genehmigt hatte. Der Schulvorstand stützt sich dabei auf zwei Faktoren: erstens habe die Genehmigung nicht die psychologischen Auswirkungen berücksichtigt, die diese Einrichtung angesichts ihrer Lage direkt vor einer Schule auf die Schulkinder haben kann; zweitens sei die Entscheidung nichtig, da man keine Genehmigung für eine kriminelle Aktivität, wie es das Heroinspritzen ist, erteilen kann.

Antisoziales Verhalten

Von einigen Klassenzimmern aus hat man Ausblick auf einen Bereich, wo sich bereits jetzt schon Menschen versammeln um, Drogen zu konsumieren. Die neue Einrichtung ermöglicht diesen Personen die Drogeneinnahme an einem sicheren und kontrollierten Ort. Doch fragt sich die Schulleitung, wohin die Drogensüchtigen nach dem fixen gehen werden: Da es dafür keine Pläne gibt, befürchten sie, dass die Junkies den Park aufsuchen werden, der sich genau gegenüber von der Schule und von den Kindern befindet. Es besteht die Gefahr, dass antisoziales Verhalten zunimmt, welches – so die Schulleitung alarmiert – bereits vorhanden sei, insbesondere in der Nähe eines von MQI betriebenen Nachtcafés. Die Organisation ihrerseits verteidigt sich mit dem Argument, dass eine derartige Einrichtung dort angesiedelt werden sollte, wo es besonders viele Drogensüchtige gibt. Zudem gebe es in anderen Städten ähnliche Anlaufstellen, die keine relevanten Probleme verursacht hätten.

Falsche Antwort auf ein echtes Problem

Ganz sicher anderer Meinung sind die Händler im 10. Arrondissement in Paris. Dort hat 2016 die sozialistische Bürgermeisterin Anne Hidalgo einen „Fixraum“ eröffnet, in dem Süchtige Drogen nehmen können. Die Geschäfte seien, wie ein dort ansässiger Gastronom 2018 gegenüber Tempi angab, um 40 % eingebrochen: Die Kunden fühlen sich nicht sicher und meiden das Viertel. Die Folge sind also mehr Verbrechen, aber es geht auch um einen Grundsatzdiskurs, wie der französische UMP-Abgeordnete Yannick Moreau gegenüber Tempi anmerkte: „Um ihr Gewissen rein zu waschen, gibt die Regierung eine falsche Antwort auf ein echtes Problem. Anstatt das Problem an der Wurzel zu packen und ernsthafte Maßnahmen zu ergreifen, um die Drogenabhängigen zu heilen, d.h. sie vom Drogenkonsum zu befreien, begnügt man sich damit, sie in den ‚Fixräumen’ zu verstecken, was zudem eine unglaubliche Verschwendung öffentlicher Gelder ist“. Wie ging das Lied noch mal, das die Amici del Vento vor über vierzig Jahren sangen?

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