Ähnlich wie jemand, der mit einem Joint beginnt und irgendwann als Drogensüchtiger endet, verhält es sich mit Ländern, die sogenannte weiche Drogen liberalisieren und sich schließlich in ein Mafiaparadies verwandeln. Von den fröhlichen Coffeeshops in Amsterdam bis zum Terror durch die Drogenhändlerbanden war es nur ein kurzer Weg, berichtet Der Spiegel in seiner internationalen Ausgabe.
Die ausführliche Reportage von Jürgen Dahlkamp, Jörg Diehl und Roman Lehberger, die ursprünglich unter dem Titel „Käse, Koks und Killer: Wie die Niederlande mit naiver Drogenpolitik die Mafia groß machten“ in der deutschsprachigen Ausgabe 42/2021 vom 16. Oktober 2021 erschien, beginnt mit der Ermordung des bekannten Journalisten Peter R. de Vries am 6. Juli, der die Machenschaften der niederländischen Drogenbanden recherchierte.
Die Reporter verdächtigen den 41-jährigen aus Marokko stammenden Ridouan Taghi, der seit 2019 wegen einer Reihe von Morden, Drogengeschäften und Geldwäsche in Untersuchungshaft sitzt. Er ist das bekannteste Mitglied der „Mocro Maffia“, eines Bandennetzwerks nordafrikanischer Herkunft, das seit 2009 in den Niederlanden aktiv ist und zunächst mit Haschisch handelte, dann aber auf das lukrativere Kokain umstieg. Der Journalist ist nicht das einzige Opfer. Zuvor waren schon der Anwalt und der Bruder des Kronzeugen in Taghis Prozess ermordet worden, aber mit Hilfe seiner Anwälte bestreitet Taghi, der Auftraggeber der Hinrichtungen gewesen zu sein.
Hinter den Kulissen der Justiz führt das organisierte Verbrechen einen milliardenschweren Krieg. Es hat sein ideales Schlachtfeld ausgerechnet in dem Land gefunden, das sich als friedlich und tolerant definiert – und zwar nicht nur in Bezug auf die Bordelle im Rotlichtviertel, sondern auch in Bezug auf Drogen, gestützt auf die ganz klar widerlegte These, dass „ein Joint niemandem schadet“.
Doch hat das „High Sein“ nicht nur unmittelbare gesundheitliche Schäden zur Folge. Wie Der Spiegel berichtet, liegt die Zahl der gewaltsamen Todesfälle seit 2012 bei mindestens 20 pro Jahr. In jenem Jahr begann der Bandenkrieg um die Kontrolle des Marktes. Journalisten, Richter und ganz gewöhnliche Bürger sind den blutigen Auseinandersetzungen zum Opfer gefallen. Selbst Ministerpräsident Mark Rutte scheint ins Visier der Gangster geraten zu sein. Jeder, der den Drogendealern in die Quere kommt, wird aus dem Weg geräumt. Gerechtfertigt wird dies durch den Umsatz der chemisch und synthetisch produzierten Drogen in den Niederlanden, der im Jahr 2017 schätzungsweise 18,9 Mrd. Euro betrug; das entspricht einem Umfang von einer Million Pillen.
Deshalb, meint Frank Buckenhofer, Vorsitzender der Gewerkschaft der deutschen Grenzschutzpolizei, seien „die Niederlande der Drogensupermarkt Europas“. Der Kundenkreis wächst ebenfalls: Nach Angaben der Vereinten Nationen gibt es in Mittel- und Westeuropa 4,4 Millionen Kokainkonsumenten. Für einen Handel in ganz Europa und mit Überseeverbindungen braucht man viel Personal. 50.000 Euro kostet ein Auftragsmord. In den ärmeren Vororten Amsterdams stehen junge Leute Schlange, um angeheuert zu werden, verrät ein Ermittler, der sich gegenüber dem deutschen Magazin unter dem falschen Namen Cees äußert. Vielleicht wird es die Zuschauer der italienischen Serie Gomorra nicht überraschen, ebenso wenig diejenigen, die die Verbrechensmeldungen aus dem Raum Neapel verfolgen. Jedoch gelten die Niederlande im Allgemeinen als ein modernes Land mit effizienten Sozialdiensten, das sich durch seine libertäre Kultur von der Barbarei befreit hat. Es ist bedauerlich, dass eben dieses Land die Ablehnung des Lebens gesetzlich verankert hat, indem es erst die Euthanasie legalisiert hat, nur um es später zu bereuen, und dann auch noch das monströse Projekt der Zwangsverhütung eingeführt hat.
Zwischen den Todesengeln herrscht ein Wettstreit, aber letztlich wird klar: Der Feind ist und bleibt der Mensch.
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