Last updated on August 4th, 2021 at 05:32 am
Das Energie- und Klimagesetzespaket „Fit for 55“, das die Europäische Kommission am 14. Juli vorstellte, wird die armen Bürger der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) benachteiligen.
Im Jahr 2019 galten 21 % der Bürger in den EU-Mitgliedstaaten als arm. In wenigen Wochen werden die Daten zur Armut in den EU-Ländern im Jahr 2020, also im ersten Jahr des Coronovirus-Lockdowns, veröffentlicht. Die ersten Schätzungen sind alles andere als rosig.
Tatsächlich leben bereits mehr als 50 Millionen Europäer in Energiearmut, d.h. sie sind nicht in der Lage, ihre Häuser angemessen zu beleuchten, zu heizen bzw. zu kühlen: Doch die neue Gesetzgebung, die in der Theorie wie ein positiver Ansatz im Namen eines „Grünen Deals“ aussah, bei dem niemanden zu kurz kommen würde, wird in der Praxis enttäuschend ausfallen. Besonders für Menschen und Familien mit geringem und mittlerem Einkommen. Nicht umsonst haben sich mehrere Kommissare gegen den Vorschlag ausgesprochen.
Die Energiekosten sind jetzt schon gestiegen und werden ab 2026 aufgrund der Erhebung einer Steuer auf den in die Atmosphäre ausgestoßenen Kohlenstoff noch mehr zunehmen. Die Steuer wird natürlich auf die Verbraucher abgewälzt. Doch sollten die Verbraucher nicht genug Geld haben, um die Preiserhöhungen zu finanzieren, werden sie und die grüne Politik der Kommission scheitern.
Gewiss wird ein Teil der geplanten Energiesparprogramme armen Familien gewidmet sein, die von Ermäßigungen für Gebäuderenovierungen zur Verbesserung der thermischen Isolierung ihrer Häuser Gebrauch machen können, was schließlich zu mehr Komfort und Energieeinsparung führt. Diesen positiven Aspekten stehen jedoch einige negative entgegen: Steigende Preise für den Transport und die Lagerung von Waren, die Verpflichtung zum Kauf von Elektroautos, der unmittelbare Anstieg der Energiekosten für die Verbraucher und der Verlust von Arbeitsplätzen für Unternehmen, die ihren Standort außerhalb der EU verlagern müssen.
Man denke nur an den Markt für „grüne“ Autos und Kraftstoffe oder an die Fahrzeugmotoren, die in den letzten Jahren an die ständig wechselnden Umweltauflagen angepasst werden mussten. 2030 wird all das im Müll landen, klagen Hersteller und Produzenten. Und für die Familien, die sich erst 2020 ein neues Auto gekauft haben, das die gesetzlichen Bestimmungen erfüllt, bedeutet das, den Wagen zu verschrotten und einen teuren Neukauf zu tätigen.
Die zu erwartenden Kostensteigerungen im Verkehrssektor wurden kürzlich von den 27 Entwicklungsministern aller EU-Länder kritisiert. Nach einer ersten Schätzung werden sich die Erhöhungen auf durchschnittlich 429 € pro Haushalt pro Jahr belaufen, was für viele unerschwinglich ist, während die Schwerindustrie weiterhin von Ausnahmen profitieren wird.
Während Haushalte mit höherem Einkommen Zugang zu erneuerbaren Energien haben werden, werden die Kosten für erneuerbare Energien weiterhin von den Ärmsten getragen. Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans hat einen neuen sozialen Klimafonds vorgeschlagen, um einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen bei der Energiewende zu unterstützen. Die Verteilung der Gelder erfolgt ab 2025 nach Kriterien und politischen Entscheidungen, die die Kommission selbst trifft. Schön, aber das Prinzip der Subsidiarität sollte der Entscheidung zugrunde liegen. Wenn die Kommission von armen oder einkommensschwachen Haushalten spricht, wen meint sie da? Gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der bei wirtschaftlichen Beihilfen auch die Anzahl der Familienmitglieder berücksichtigt oder zählt nur die recht abstrakte „Familieneinheit“ an sich?
Außerdem hatte sich die Europäische Kommission verpflichtet, die Energiearmut in den Mitgliedsstaaten innerhalb des laufenden Jahrzehnts zu beseitigen, aber die geplanten Instrumente werden vielleicht erst Mitte 2025 zum Einsatz kommen. Wie soll das gehen?
Der „Grüne Deal“ der EU wird mit Sicherheit zu mehr Armut in den Familienhaushalten führen. Und doch gibt es keine Anzeichen von Protesten derer, die sonst immer von den Armen reden, der Linken.