Bevölkerungsschwund in Japan: demographische Krise trifft das Land

Nur 840.832 Kinder wurden wegen COVID-19 im vergangenen Jahr geboren.

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Die demographische Krise betrifft die Vereinigten Staaten von Amerika und das alte Europa, aber auch das jahrzehntelang von der Ein-Kind-Politik geplagte neo-postkommunistische China. Seit kurzem versucht die chinesische Einheitspartei die inzwischen tragische Situation zu überwinden und herrscht dabei weiterhin mit harter Hand über Leben und Tod ihrer Bürger-Untertanen.

Auch Japan ist betroffen, das zum ersten Mal seit 1950 nicht mehr in den Top Ten der bevölkerungsreichsten Länder der Welt zu finden ist. Das geht aus der letzten Volkszählung und den Schätzungen der Vereinten Nationen für Oktober 2020 hervor, die kürzlich von der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo bekanntgegeben und vor einigen Tagen von AskaNews online veröffentlicht wurden.

In der Tat zählte man im Herbst 126.226.568 Einwohner, ein Rückgang von 0,7 % im Vergleich zu 2015. Nur 840.832 Kinder wurden im vergangenen Jahr geboren, was sicherlich auch auf die CoVid-19-Pandemie zurückzuführen ist.

Hinzu kommt die zunehmende und immer stärker ausgeprägte Überalterung der Bevölkerung mit einem hohen Prozentsatz an (Über-)Hundertjährigen.

„Vorläufigen Daten des japanischen Innenministeriums zufolge ist die Bevölkerung im Vergleich zu 2015 um 868.000 Einwohner gesunken; dies ist der erste Rückgang seit Beginn der Volkszählungen im Jahr 1920“, berichtet der italienische Nachrichtensender Tgcom24 unter Berufung auf die Agentur.

Interessanterweise ist auch von Einwanderung die Rede, denn „[…] die Zahlen werden dank Zunahme der nicht-japanischen Bewohner des Archipels, deren Zahl bei 2.556.183 Einwohnern liegt, leicht abgefedert.“ Seit 2019 ist die japanische Regierung, die traditionsgemäß ausländische Arbeitskräfte nur sehr zögerlich in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Geschehen des Landes einbindet, gezwungen, die inländische Wirtschaftskraft durch Arbeitskräfte aus dem Ausland zu verstärken, insbesondere in gewissen Sektoren, nachdem sie zuvor den Versuch unternommen hatte, einheimische Rentner und Frauen als Arbeitskräfte zu mobilisieren.

Die Ursachen für die demografische Krise sind vermutlich die gleichen wie in anderen Ländern, die mit einem Bevölkerungsrückgang zu kämpfen haben. Einerseits sind es wirtschaftliche, andererseits aber auch moralische und kulturelle Gründe. Im Falle Japans ist die Krise durch die Verstädterung bedingt, durch die zunehmende Abkehr vom traditionellen und ländlichen Lebensstil, durch die „Globalisierung“ der jüngeren Generationen in technologischen Millionenstädten mit ihrem immer schnelleren Lebensrhythmus und einem zunehmend ausgefransten sozialen Gefüge, wo „[…] die große Mehrheit der japanischen Bevölkerung im Industriegürtel zwischen Tokio, Nagoya und Osaka lebt und arbeitet, einem mittlerweile schier endlosen Ballungsgebiet, das durch Hochgeschwindigkeits-Züge miteinander verbunden ist.“

Es handelt sich dabei um kein gänzlich neues Phänomen, denn „der Tiefpunkt der Geburtenzahlen in Japan wurde im Jahr 2005 verzeichnet. Das Thema ist jedoch in besonderem Maße erst seit 2014 in die öffentliche Wahrnehmung gerückt, als der öffentliche Think Tank Japan Policy Council (JPC) – unter der Führung von  Masuda Hiroya, dem ehemaligen Gouverneur der Präfektur Iwate und ehemaligen Minister für Inneres und Kommunikation – einen Bericht zum stetigen Bevölkerungsrückgang und der damit verbundenen Probleme veröffentlichte“.

Immer weniger junge Leute verbleiben in den ländlichen Gegenden, um Landwirtschaft, Viehzucht und traditionelle Handwerkskunst fortzuführen. „,Wenn wir und andere junge Menschen diese Orte verlassen, wer wird dann künftig in der Lage sein, das Land ohne die Hilfe von Maschinen zu bewirtschaften, Kleidung von Hand zu weben und Sake auf traditionelle Art herzustellen?’, fragt sich Noguchi-San untröstlich.“

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