Jedes Jahr werden ungefähr 100.000 Kinder in deutschen Kliniken und Arztpraxen vor ihrer Geburt getötet – mit der Duldung des Deutschen Staates, der nach Artikel 2 des Grundgesetzes eigentlich jedem Menschen das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zuspricht.
Doch die Christ-gläubigen Teile der deutschen Pro-Life Bewegung haben sich in einer neuen Initiative zusammengeschlossen: 40 Tage für das Leben. Sie organisiert 40-tägige Gebetskampagnen für das Ende der Abtreibung in Deutschland. Im IFamNews-Interview berichtet Markus Roth, der Kampagnenleiter für Frankfurt am Main, über die Arbeit der Initiative, die kürzlich abgeschlossene Herbstkampagne und den juristischen Streit um die Meinungsfreiheit auf öffentlichen Plätzen.
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IFamNews: Quer durch die Republik gibt es viele Gebetsgruppen, die für das Ende der Abtreibung beten. Was ist das Besondere an 40 Tage für das Leben und seit wann gibt es euch?
Markus Roth: 40 Tage für das Leben ist eine internationale ökumenische Bewegung. Ausgehend von der ersten 40 Tage Kampagne in den USA im Jahr 2004 ist die Initiative immer weiter angewachsen und kann beachtliche Erfolge verzeichnen. Weltweit umfasst die Bewegung mittlerweile über eine Millionen Beter, die zweimal im Jahr 40 Tage hindurch vor Abtreibungsinstitutionen friedliche Gebetsvigilien für das Ende der Abtreibung halten. In Deutschland fasste die Bewegung 2016 in München Fuß. Seitdem haben fünf deutsche Städte an den Gebetskampagnen teilgenommen. Das Besondere an dieser Bewegung ist, dass sich Christen lokal organisieren, um sich auf spiritueller Weise dem Kampf für die Kultur des Lebens zu widmen. Wir sind der Überzeugung, dass das Ende der Abtreibung durch eine Bekehrung der Herzen erreicht werden kann und dass diese Bekehrung und der Aufbau der Kultur des Lebens in den Herzen selbst beginnen muss. Wir unterscheiden uns dadurch von anderen Pro Life Organisationen, da wir nicht auf politische Weise für das Lebensrecht eintreten, sondern für die ungeborenen Kinder, die Mütter, Schwangerschaftskonfliktberater und Abtreibungsärzte beten. Seit 2004 wurden über 20.000 Kinder durch die Gebetsvigilien von 40 Tage für das Leben vor der Abtreibung gerettet. 288 Mitarbeiter der Abtreibungsindustrie haben ihren Job verlassen. 114 Abtreibungszentren wurden im Kontext der Gebetsvigilien geschlossen.
Natürlich kann man sagen, dass das im Hinblick auf die furchtbaren Abtreibungszahlen weltweit ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Aber man muss eben einen Blick auf den Einzelnen gewinnen, um zu verstehen, wie großartig das ist, dass es möglich ist, Frauen und Kinder vor der Abtreibung zu retten und Menschen, die in der Abtreibungsindustrie tätig sind, einen Ausweg aufzuzeigen. Alleine in dieser Herbstkampagne wurden weltweit 779 Kinder registriert, die vor der Abtreibung gerettet wurden. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Jedes dieser geretteten Kinder ist ein Kind, das leben kann, das lachen darf, weil Menschen bei den Gebetsvigilien ihre Hoffnung auf die Kraft Gottes sichtbar auf die Straße getragen haben.
IFamNews: Wie seid ihr auf die Idee gekommen, euch für die Dauer von 40 Tagen zum Gebet zusammenzuschließen?
Markus Roth: Die Idee, 40 Tage hindurch zu fasten und zu beten, geht auf die erste Kampagne der 40 Tage für das Leben in den USA zurück. 2004 versammelte sich ein kleiner Kreis von Pro Life Aktivisten in Texas zum Gebet. Während dieses Gebetes kam den Aktivisten die Eingebung, 40 Tage hindurch eine Gebetsvigil zu organisieren, die durchgängig und friedlich vor der lokalen Abtreibungsklinik von Planned Parenthood stattfinden sollte. Die Zahl 40 ist uns aus der heiligen Schrift vertraut und steht in verschiedenen Episoden für den Willen Gottes, Sein Volk zu Freiheit und Erlösung zu führen. Können nicht auch wir darauf vertrauen, dass Gott unsere Bitten bei Fasten und Gebet erhört? Auch in Deutschland bestand bei den Kampagnen, die wir bis jetzt organisiert haben, der Wunsch am Anfang, nicht mit lauten Protesten, sondern mit friedlichem Gebet auf das Übel der Abtreibung zu reagieren und das Licht der Hoffnung, das wir im Glauben haben, in die Dunkelheit dieser Umstände zu tragen. Gott liebt jeden Einzelnen, ob das ungeborene Kind oder den abtreibenden Arzt. Wir sind als Christen dazu berufen, Zeugnis von Gottes Liebe und Barmherzigkeit zu geben und das war der Ausgangspunkt, von dem aus wir uns dieser Bewegung angeschlossen haben. In Frankfurt haben wir in diesem Herbst unsere 10. Kampagne durchführen können.
IFamNews: Ihr habt gerade erst eine 40-tägige Aktion abgeschlossen. In welchen Städten wart ihr mit der Initiative vertreten und habt gebetet? Und wie sehen eure Gebetszeiten konkret aus?
Markus Roth: In dieser Herbstkampagne konnten wir Kampagnen in München, Frankfurt, Pforzheim und Passau abhalten. Während der 40 Tage finden tägliche Gebetsvigilien vor lokalen Abtreibungsinstitutionen statt. Die Anzahl der Stunden variiert je nach den örtlichen Begebenheiten und der personalen Stärke der Initiative. Unterschiedliche Gruppen und Einzelpersonen übernehmen die jeweiligen Gebetszeiten und können sie auf ihre Weise gestalten. In Frankfurt beten wir meistens in Gruppen von 5 bis 20 Personen. Häufig wird der Rosenkranz gebetet – auch in unterschiedlichen Sprachen, weil wir Teilnehmer aus allen möglichen Gemeinden bei uns haben. Die Gebetszeiten sind aber nicht stramm durchorganisiert, sondern werden so gehalten, dass sich alle Teilnehmer einbringen können – ob Katholiken oder Protestanten, mit traditionellen lateinischen Gebeten oder charismatischem Lobpreis – bei uns kann jeder, der für das Ende der Abtreibung und die Kultur des Lebens beten will seinen Platz finden. Besonders dankbar sind wir in diesem Jahr im deutschsprachigen Raum für die erste Kampagne der 40 Tage für das Leben in Wien. Mancherorts, wie in Frankfurt, organisieren unabhängige Teams, die sich aus verschiedenen Gemeinden zusammensetzen, die lokalen 40 Tage Kampagnen. In Wien hat sich die Jugend für das Leben Österreich dazu entschlossen, die Organisation der Kampagne zu übernehmen. Die Wiener konnten direkt mit 24 Stunden täglichem Gebet an der internationalen Kampagne teilnehmen. Durch den Film „Unplanned“ wurde der Bekanntheitsgrad der Bewegung weiter gesteigert und wir sind zuversichtlich, dass sich weitere Städte der Initiative anschließen werden.
IFamNews: Viele Menschen beten sicher regelmäßig im stillen Kämmerlein um das Ende der Abtreibung. Ihr betet vor Beratungszentren von pro familia, die die Beratungsscheine für die Abtreibungen ausstellen. Warum betet ihr in der Öffentlichkeit vor der Nase der Abtreibungsorganisationen?
Markus Roth: Teil des Konzeptes von 40 Tage für das Leben ist es, dass wir die Hoffnung auf die Kraft Gottes auf der Straße sichtbar machen. Die Abtreibung ist kein abstraktes Problem der Gesellschaft, sondern findet in unseren Städten statt und betrifft Menschen in unserer direkten Umgebung. Da das Abtreibungsthema durch Medien und Politik verschleiert wird, glauben wir, dass es wichtig ist, durch die Gebetsvigilien vor Ort das Thema neu in das Bewusstsein der Menschen zu bringen. Deshalb beten wir in der Öffentlichkeit. Aber eben nicht nur irgendwo in der Öffentlichkeit, sondern dort, wo die Abtreibung durch die medizinische Umsetzung oder die Schwangerschaftskonfliktberatung konkret Thema ist. Wir beten nicht gegen irgendwelche Menschen, sondern für alle Menschen, die von der Abtreibung betroffen sind. Dazu gehören sowohl die Frauen, die sich in Konfliktsituationen beispielsweise von Pro Familia beraten lassen, als auch die Mitarbeiter der Abtreibungsorganisationen, die auch ein Recht darauf haben, von der Barmherzigkeit Gottes zu erfahren.
IFamNews: Eure Gebetskampagnen bleiben ja nicht unwidersprochen. Vor einigen Monaten wurde euch in Frankfurt das Beten vor pro familia durch die Versammlungsbehörde der Stadt Frankfurt untersagt. Wie kam es dazu?
Markus Roth: Seit dem Beginn der Initiative in Frankfurt im Frühjahr 2017 wurde die Kampagne medial gezielt in ein schlechtes Licht gerückt. Uns wurde unterstellt, dass wir mit den Vigilien einen „Spießrutenlauf“ auf die schwangeren Frauen veranstalten würden, die in der Beratungsstelle der Pro Familia Hilfe suchen. De facto haben wir keine einzige Frau persönlich angesprochen, sondern durchgängig friedlich vor der Beratungsstelle gebetet. Auch die Behörden waren darüber im Bilde, dass von uns keine Kontaktaufnahmen zu den schwangeren Frauen vorlagen und keine Bedrängungen oder Bedrohungen stattgefunden haben. Leider hat ausgerechnet der hessische Innenminister der CDU, Peter Beuth, mit einem Erlass des Innenministeriums dem Druck der Abtreibungslobby nachgegeben und die hessischen Versammlungsbehörden dazu angewiesen, jegliche Versammlungen, die vor Abtreibungsorten oder Beratungsstellen angemeldet werden, um 150 Meter außer Sichtweite der jeweiligen Institutionen zu verlegen. Das stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die verfassungsrechtlich garantierte Versammlungsfreiheit dar, die eine freie Auswahl des Versammlungsortes zum Zweck der Meinungskundgebung vorsieht. Es geht hierbei aber nicht nur um die Versammlungsfreiheit, sondern um das Recht auf freie Meinungsäußerung und insbesondere die freie Religionsausübung, da wir uns zum Gebet versammeln. Im Grunde wurde hiermit nämlich das öffentliche Gebet verboten, was verfassungsrechtlich nicht gedeckt ist. Die Stadt Frankfurt selbst ist auf Drängen der Abtreibungsaktivisten bei der Prüfung der rechtlichen Lage zu dem Ergebnis gekommen, dass die Gebetsvigilien nicht ohne Weiteres verlegt werden könnten. Nun müssen unsere Vigilien zu den Öffnungszeiten der Beratungsstelle von Pro Familia an einer nahegelegenen Straßenkreuzung außer Sichtweite der Beratungsstelle stattfinden.
IFamNews: Wie bewertet ihr diese Verfügung? Werdet ihr rechtliche Schritte einlegen?
Markus Roth: Durch die Verlegung des Versammlungsortes durch die Stadt Frankfurt beten wir nun tagsüber an einer Stelle, an der der Vigil noch mehr Aufmerksamkeit zukommt. Von daher können wir gelassen mit der Bannmeile umgehen. Rechtlich werden wir diese Bannmeile jedoch anfechten. So haben wir beim Verwaltungsgericht Frankfurt Klage gegen die Stadt eingereicht, um auf unser Versammlungsrecht zu bestehen. Die Verhandlung hierzu wird Anfang Dezember stattfinden und wir sind auf die Entwicklung des Prozesses gespannt. Grundsätzlich sind die Bannmeilen kein Frankfurter Phänomen. Auch in Pforzheim wurde der 40 Tage Kampagne das Beten vor der Beratungsstelle von Pro Familia untersagt. Man versucht ähnliche „Bufferzones“ überall in Europa zu etablieren. In diesem Jahr wurden dadurch besonders unsere Freunde der 40 Tage für das Leben in Spanien unter Druck gesetzt. Interessanterweise kann man feststellen, dass diese Bannmeilen keineswegs den gewünschten Effekt haben, die Gebetsvigilien einzudämmen, im Gegenteil. Während die Abtreibungslobby versucht, über die Bürokratie und entsprechende Gesetze die Versammlungen der Gebetsvigilien einzuschränken, wächst die Bewegung in Europa immer weiter.
IFamNews: Habt ihr wegen der Corona-Situation Schwierigkeiten, Teilnehmer für das Gebet zu finden?
Markus Roth: Natürlich hat die Corona-Krise viele Schwierigkeiten auch für uns gebracht, da wir zusätzliche Auflagen für die Versammlungen auf der Straße bekommen haben und die gewöhnlichen Treffen abseits der Vigilien nicht mehr möglich waren. Aber auch hier muss man feststellen, dass die Corona-Maßnahmen das Wachstum der Bewegung nicht ausbremsen. Gerade in Frankfurt konnten im letzten Jahr einen deutlichen Zuwachs an Teilnehmern beobachten. Zeiten der Krise haben immer auch ihre Chancen. Viele Menschen konnten in der Corona-Zeit ihre Prioritäten überdenken und sind nun fester entschlossen, sich für die Kultur des Lebens einzusetzen.
IFamNews: Wie kann man euch erreichen, unterstützen oder sogar Teil eurer Gebetsgemeinschaft werden?
Markus Roth: Wir sind jederzeit über unsere Social Media Kanäle zu erreichen. Im Verlauf des kommenden Jahres werden wir mit Sicherheit auch bei den Pro Life Events in Deutschland ansprechbar sein. Die nächste Kampagne beginnt am kommenden Aschermittwoch. Wer an der Bewegung Interesse hat und mit uns ins Gespräch kommen möchte, kann uns gerne über das Internet kontaktieren.
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