Demenzpatienten, die „Sterbehilfe“ in Anspruch nehmen, dürfen in den Niederlanden vor ihrer Euthanasie betäubt werden, wenn die Möglichkeit besteht, dass sie „unruhig, aufgeregt oder aggressiv“ werden, sagen die neuen ärztlichen Richtlinien zur Euthanasie. Weiter ist es „nicht notwendig, dass der Arzt mit dem Patienten den Zeitpunkt oder die Art und Weise der Euthanasie vereinbart.“
Die ärztlichen Richtlinien waren infolge eines Urteils des Obersten Gerichtshofs der Niederlande durch den Euthanasie-Kontrollausschuss geändert worden. Die Richter hatten im April 2020 einen Arzt vom Mord freigesprochen, der zuvor eine Patientin vor ihrer Tötung heimlich sediert hatte.
Die ehemalige Pflegeheimärztin war wegen Mordes verurteilt worden, nachdem sie ihre 74-jährige Patientin mit fortgeschrittener Alzheimer-Erkrankung „euthanasiert“ hatte. Die Patientin hatte zuvor in einer Patientenverfügung angegeben, dass sie Sterbehilfe in Anspruch nehmen wolle, wenn sie den Zeitpunkt für richtig halte. Im Pflegeheim äußerte die Frau Berichten zufolge auf Nachfrage allerdings mehrfach, dass sie nicht sterben wolle.
Dennoch mischte die Pflegeheimärztin der Patientin heimlich ein Sedativum in den Kaffee und tötete die Frau anschließend mit einer letalen Injektion. Die Frau hatte sich trotz des Beruhigungsmittels noch gegen die Injektion gewehrt. Ihr Schwiegersohn drückte sie daraufhin nieder und ermöglichte der Ärztin auf diese Weise die Verabreichung des tödlichen Mittels. Die Ärztin wurde später wegen Mordes verurteilt.
Der Oberste Gerichtshof hob das Urteil hingegen wieder auf. Eine Patientenverfügung müsse nicht wörtlich ausgelegt werden, wenn der Patient nicht mehr in der Lage sei, seine Zustimmung zu geben und die Umstände der Sterbehilfe nicht mit dem möglichen Szenario übereinstimmen.
Der Vorsitzende des Euthanasie-Kontrollausschusses, Jacob Kohnstamm, pries die Neufassung der Sterbehilfe-Richtlinien als Beruhigung für das ärztliche Gewissen: „Ärzte müssen jetzt weniger Angst haben, sich durch Sterbehilfe in eine Schusslinie zu bringen. Sie müssen nicht mehr so viel Angst vor der Justiz haben. Oder vor dem Kontrollausschuss.“
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