Derzeit posten viele Hollywood-Stars das Video zum John Lennon-Song Imagine, doch ist dies nicht der Moment, um die albernen Lieder, die entartete Kultur, den Egoismus und Wahnsinn, die die Covid-19-Krise über uns gebracht haben, noch zu verschlimmern. Sie setzen ihre Hoffnung auf eine imaginierte Unbesiegbarkeit oder Unsterblichkeit, auf Globalismus… auf nichts. Das ist keine wahre Hoffnung und bestärkt uns nicht. Diese Tragödie ist nicht „imaginär“, sondern real: Die Zahlen sprechen für sich.
Hier in der Lombardei, wo der hl. Ambrosius von Mailand und der hl. Karl Borromäus lebten, sind die Menschen von Pragmatismus und echter Hoffnung erfüllt. Wir singen keine albernen Lieder wie Imagine, sondern das Salve Regina und andere Gebete zu Gott.
Es sind nicht einfach nur Zahlen: Hinter jeder Zahl steht ein Gesicht, eine Geschichte, eine Erfahrung – eine reale lebendige Person, die vom Virus getötet wurde. Alle, vor allem die älteren Menschen, hatten eine Familie, waren Teil eines menschlichen Netzwerks: Freunde, Eltern, Kinder, Enkel, Arbeitskollegen. Keiner von ihnen lebte in John Lennons imaginärer Welt, sondern in der realen Welt. Nichtsdestoweniger sind Zahlen wichtig, um diese Tragödie zu verstehen: fast 4.500 Todesfälle allein in der Lombardei (insgesamt über 7.000 in Italien) und mehr als 70.000 Infizierte im ganzen Land.
Von Hollywood einmal abgesehen, haben die USA uns in diesen letzten Tagen Beistand geleistet. Wie ein Licht in dunkler Zeit, so haben die Regierungen Chinas, Russlands, und Kubas Ärzte und medizinische Ausrüstung geschickt. Darüber hinaus kam auch Hilfe vonseiten der christlichen Hilfsorganisation Samaritan’s Purse, die von Pastor Franklin Graham geleitet wird. Sie flogen ein Notfallkrankenhaus in den Süden der Lombardei nach Cremona ein und lieferten der nicht weit von Mailand entfernten Stadt lebensrettende ärztliche Versorgung und medizinische Gerätschaften. Das Feldkrankenhaus umfasst ein 60-köpfiges medizinisches Team und eine 60-Betten-Einheit mit insgesamt 8 Intensivstationen.
Es ist ein unerwarteter, und zugleich willkommener und dringend benötigter Lichtblick. Wir danken Amerika, wir danken Samaritan’s Purse. Was sonst können Christen in dieser Zeit tun, wenn nicht anderen helfen? Das sind freudige Nachrichten, ein wichtiges Zeichen wahrhafter Ökumene und Brüderlichkeit. Sie steht im Gegensatz zur globalistischen, von den NROs der Welt ausgeübten Solidarität. Diese drängen auf Unterstützung und Spenden, um allen möglichen armen Menschen zu helfen, aber sind sie hier in der Lombardei sowie in ganz Italien trotz der dramatischen Lage völlig abwesend. „Emergency“, „Ärzte ohne Grenzen“, Amnesty International, Oxfam, CARE und viele andere: Sie haben weder medizinisches Personal noch Hilfsgüter zur Verfügung gestellt – man könnte die Liste der Organisationen noch lange fortsetzen. Gegenüber Menschen, die weit entfernt leiden, mag ihre „Solidarität“ stark sein, jedoch vor der eigenen Haustür ist sie verhalten und schwach. Handeln sie diskriminierend? Verdienen wir ihre Hilfe nicht, weil wir zumeist weiße Europäer, italienische Katholiken sind?
Auch die großen internationalen Wohltäter tun es den NROs gleich: Sie investieren in „Humanität“ und in eine „offene Gesellschaft“, haben aber nicht einen Cent übrig, um die Notlage hier in Italien zu mildern. Das macht uns sprachlos. Die Zahl der Covid-19-Toten raubt uns den Atem. Es handelt sich dabei meist um ältere Menschen, doch sind die Todesfälle deshalb nicht weniger tragisch: Ihr Verlust reißt eine Lücke in unsere Familien und Gemeinschaften, da wir ihre ehrwürdige Weisheit und Erfahrung verlieren. Allerdings schein man sich selbst hier in der Lombardei der Tragödie nicht ganz bewusst zu sein: Die Supermärkte sind voller Menschen, die im Kaufrausch hamstern, aber nicht aus wirklicher Notwendigkeit heraus, sondern aus Egoismus und Konsumgier.
Am 18. März und in den darauffolgenden Tagen wurde die italienische Armee von der Provinz Bergamo zu Hilfe gerufen. Ein langer Konvoi von Militärfahrzeugen musste Särge in Friedhöfe und Krematorien anderer Städte abtransportieren. Erschwerend kommt in dieser Katastrophe hinzu, dass Menschen alleine sterben und dann ohne Trauerfeier weit weg von ihrem Zuhause bestattet werden, weil die örtlichen Friedhöfe überfüllt sind.
Unser Glaube schenkt uns Kraft. Am 19. März rief Papst Franziskus dazu auf, um die Fürsprache des hl. Josef zu bitten und den Rosenkranz für alle Kranken in der Welt zu beten. Am 25. März forderte er alle Christen auf der ganzen Welt auf, um 12.00 Uhr mittags gemeinsam das Vaterunser zu beten. Am Freitag, 27. März lud er weltweit alle Gläubigen zu einem gemeinsamen Gebet ein, an dessen Ende der Papst einen „Urbi et Orbi“ Segen aussprach.
Dies ist tröstlich, zumal die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit immer strenger werden und es fast unmöglich machen, eine Kirche aufzusuchen und zu beten. Am 20. März fragte ich einen Polizisten, der durch die Straßen patrouillierte, ob ich in die Kirche gehen und den Kreuzweg beten dürfe. „Das ist nicht zwingend notwendig!“, war seine prompte Antwort.
Jawohl, allgemein herrscht die Meinung vor, dass unsere Gebete an Gott, unseren Retter, zu richten, kein „unverzichtbares“ Bedürfnis darstelle. Aber für einige von uns ist es das sehr wohl. Präsident Trump ist in Amerika mit ehrenvollem Beispiel vorangegangen und hat den 15. März zum nationalen Gebetstag erklärt. Es erinnert uns daran, wie wichtig Gebete sind, Gott um Hilfe zu bitten, so wie es unsere Vorfahren taten, in den USA ebenso wie in der Lombardei. Während dieses Virus dem Erkrankten den Atem nimmt, ihn erstickt und isoliert, führt es uns vor Augen, dass wir unseren Atem als Selbstverständlichkeit betrachten. Doch in Wirklichkeit kommt jeder Atemzug von Gott.
Zum Schluss möchte ich mit Ihnen einen historischen, aus der Zeit des Schwarzen Todes stammenden Choral teilen. Es handelt sich nicht um ein Lied voller „Imagination“, nein, es ist ein echtes Fürbittengebet, um die Pest zu vertreiben. Diese Lieder unserer Vorfahren sind es, die wir brauchen, auch wenn Hollywood keine Verwendung für sie hat.