COVID-19: Unwahrheiten, um Einschränkungen zu rechtfertigen?

Blamage für den deutschen Innenminister. Opposition fordert Klärung

Pinocchio, il burattino di legno

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„Wenn wir den Lockdown nicht gemacht hätten, wäre es eine Katastrophe gewesen.“ Seit Mai müssen wir uns immer wieder dieses Mantra anhören, so sehr dass wir sie gar nicht mehr wahrnehmen. In der Tat ist es nun in der tiefen Psyche des italienischen Volkes verankert, dass die einzige Waffe zur Bewältigung der CoViD-19-Pandemie, zumindest zu Beginn, darin bestand, uns alle in vier Wände einzuschließen.

Falsche Daten

Aber wie sehen die wissenschaftlichen Daten aus, die die Wirksamkeit von strengen Einschränkungen zur Eindämmung des Virus belegen? Hier wird die Frage differenzierter. Wissenschaftler können Hochrechnungen anstellen, aber das sind nur Berechnungen auf der Grundlage von Annahmen, die auf bestimmten Parametern basieren. Mit anderen Worten: Sie sind keine unumstößlichen Wahrheiten, sondern Prognosen. Nun, in den letzten Stunden ist die Frage in Deutschland zu einem echten Rätsel geworden.

Laut einer in der „Welt“ veröffentlichten Untersuchung waren die düsteren Vorhersagen, die im März von einer Gruppe maßgeblicher Wissenschaftler gemacht wurden, falsch. Das Innenministerium soll diese Experten mit düsteren Prognosen beauftragt haben, um die restriktiven Maßnahmen in den Augen der Öffentlichkeit zu rechtfertigen. Die Geschichte wäre aus einigen E-Mails hervorgegangen, in deren Besitz die Welt-Journalisten gekommen wären.

Das Szenario

Laut dem deutschen Nachrichtenportal hat der Untersekretär des Innenministeriums Forscher gebeten, ein Modell zu entwickeln, auf dessen Grundlage „präventive und repressive Maßnahmen“ geplant werden können. Das Dokument wäre in vier Tagen erstellt worden: eine Million Tote und sieben von zehn Deutschen infiziert, im schlimmsten Fall, wenn das gesellschaftliche Leben wie vor CoViD-19 weitergegangen wäre. Die als vertraulich eingestufte Studie kursierte dennoch Ende März in den deutschen Medien.

Die Proteste

Vor elf Monaten, als CoViD-19 hier in Italien bereits verpufft war, stand Deutschland vor steigenden, aber immer noch kleinen Zahlen. Es genügt zu sagen, dass es am 25. März, während wir täglich 683 Todesfälle registrierten, in Deutschland, das eine größere Bevölkerung als Italien hat, 49 Todesfälle aufgrund von CoViD-19 gab. Und während wir schon seit einigen Tagen in der Abriegelung waren, hatte Berlin gerade eine Verschärfung der Restriktionen angekündigt. Doch obwohl die deutschen Maßnahmen im Vergleich zu denen in Italien mild waren, wurden sie von großen Teilen der Bevölkerung schlecht verdaut. Wie groß die Abneigung ist, Menschen in Deutschland ihrer Freiheiten zu berauben, hat sich in diesen Monaten der Pandemie durch die starken Proteste im Land gezeigt. Am 29. August versuchten die Demonstranten sogar, den Bundestag zu stürmen.

Anfrage zur Klärung

Im Bundestag selbst fordert die Opposition nun von der Regierung Aufklärung über die Ergebnisse der „Welt“-Recherche. Der FDP-Abgeordnete Kostantin Kuhle will, dass die fragliche Korrespondenz zur Debatte im Parlament gestellt wird. „Wenn der Eindruck entsteht, dass wissenschaftliche Erkenntnisse von Politikern bestellt werden, um ihr Handeln zu rechtfertigen, schadet das dem Ansehen einer unabhängigen Wissenschaft und einer faktenbasierten Pandemiebekämpfung“, so Kuhle gegenüber Welt. Auf der gleichen Wellenlänge liegt Wolfgang Kubicki, stellvertretender Vorsitzender der FDP. Wer die Bevölkerung terrorisieren wolle, um politisches Handeln zu rechtfertigen, untergrabe die demokratische Ordnung, sagte er. Auch die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch kritisiert den Merkel-Lockdown – sie nennt den „Corona-Gipfel“ den „Gipfel der Gescheiterten“.

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