Etwas mehr als ein Jahr ist vergangen, seit in Neuseeland das Gesetz zur Entkriminalisierung der Abtreibung verabschiedet wurde. Das von Premierministerin Jacinda Arden massiv befürwortete Gesetz ist eines der radikalsten der Welt. Aufgrund des neuen Gesetzes sind in Neuseeland Abtreibungen „auf Verlangen“ nun bis zur zwanzigsten Schwangerschaftswoche möglich. In den darauffolgenden Wochen – und bis zum Moment der Geburt selbst – reicht eine einfache Erklärung eines Arztes aus, mit der er bescheinigt, dass unter Berücksichtigung des physischen und psychischen Zustands der Mutter „der Schwangerschaftsabbruch den Umständen angemessen ist“, um dem Leben des Fötus ein Ende zu setzen und das „Wohlbefinden“ der Mutter zu gewährleisten.
Auf die möglichen dramatischen Folgen einer solchen Gesetzgebung wurden bereits aufmerksam gemacht. Beispielsweise sagte Dr. Catherine Hallagan, dass „der Begriff Wohlbefinden […] so weitgefächert ist, dass praktisch alle möglichen Begründungen akzeptabel sein könnten“. Um der Praxis einen Riegel vorzuschieben, reichte der Abgeordnete Simon O’Connor einen Änderungsantrag ein, demzufolge Kinder, die nach einer misslungenen Abtreibung lebend geboren werden, zwingend behandelt werden müssen. Der Änderungsantrag wurde von mehr als zwei Dritteln der neuseeländischen Abgeordneten abgelehnt, allen voran von Arden.
Spätabtreibungen haben um 43 % zugenommen
Jetzt hat man mit den Folgen des neuen Gesetzes zu kämpfen: Erstens nahmen in den letzten zwölf Monaten in Neuseeland die „späten“ Abtreibungen, d.h. die nach der zwanzigsten Schwangerschaftswoche durchgeführt wurden, um 43% zu. Falls jemand es noch nicht weiß, sei daran erinnert, dass ein Fötus in der 20. Woche etwa 15 Zentimeter groß ist und fast 300 Gramm wiegt. Eine schwangere Frau kann zu diesem Zeitpunkt der Schwangerschaft bereits die Bewegungen des Fötus spüren. Das Baby entwickelt bereits seinen Geruchs-, Hör-, Seh- und Tastsinn. Gleichzeitig „bildet das Nervensystem jene komplexen Verbindungen, die für Erinnerung und Denken notwendig sind.“ Alle Organe und Körperteile des Kindes haben sich bereits herausgebildet und befinden sich im Endstadium ihrer Entwicklung. Das Kind „muss ab jetzt einfach nur noch wachsen“. Außerdem, und das ist eine extrem wichtige Information, ist in der zwanzigsten Schwangerschaftswoche das Schmerzempfinden bereits ausgebildet.
In Neuseeland wurden im Jahr 2020 mindestens 120 Babys nach der zwanzigsten Woche abgetrieben. In einem Fall handelte es sich um eine sogenannte „Abtreibung“ eines Babys in der 35. Schwangerschaftswoche. An dieser Stelle sei erwähnt, dass eine Schwangerschaft nach der 37. Woche als „vollendet“ gilt: Ich, die Verfasserin dieses Artikels, kann dies aus eigener Erfahrung bestätigen, denn ich habe ein vollkommen gesundes Kind drei Wochen vor dem Fälligkeitstermin zur Welt gebracht.
Faktische Kindstötung
Richard Scott William, der mit 21 Wochen und zwei Tagen und einem Gewicht von 340 Gramm geboren wurde und somit das „früheste Frühchen der Welt“ war, feierte am vergangenen 5. Juni sein erstes Lebensjahr. Im selben Zeitraum fanden sich, wie er zuvor, weitere Kinder außerhalb des Mutterleibs wieder, aber nicht infolge eines Unglücksfalls der Natur, sondern infolge eines gezielten, beabsichtigten medizinischen Eingriffs. Und mindestens eines dieser Kinder kam, genau wie Richard, trotz seiner sehr frühen Frühgeburt lebend zur Welt. Während die Ärzte des Krankenhauses in Minneapolis sich nach Richards Frühgeburt um ihn kümmerten und alles mögliche unternahmen – und das mit Erfolg – um dem kleinen Jungen zu helfen, so dass er nach sechs Monaten erbitterten Kampfes in die Arme seiner Eltern zurückkehren konnte, handeln einige Ärzte anders.
In Neuseeland besteht nämlich keine gesetzliche Pflicht, vorzeitig abgetriebene Föten zu retten. Daher wurde ein Baby, das nach einer fehlgeschlagenen Spätabtreibung lebend geboren wurde, ohne medizinische Hilfe einem qualvollen Tod überlassen, bevor es nach zwei Stunden starb. Das berichtet eine Medizinstudentin, die gegen ihren Willen Augenzeugin des Geschehens wurde. „Normalerweise wird eine Spätabtreibung bei Babys durchgeführt, die gesundheitliche Probleme haben, aber dieses Baby war vollkommen gesund. Anstatt dem Baby vorher eine Spritze zu verabreichen, so dass sein Herz aufhören würde zu schlagen, bevor es aus der Gebärmutter ausgestoßen wurde, wurde in dem Fall einfach die Geburt eingeleitet“, erzählt Nicola – das ist nicht ihr richtiger Name, die Studentin möchte anonym bleiben. „So etwas würden wir nicht einmal einem Tier antun. Es war grausam“, fährt sie fort. Hinter dieser Anmerkung steckt eine drastische Wahrheit, bedenkt man, dass es in Deutschland sogar verboten ist, Hühnerembryonen nach 6 Tagen Bebrütung zu töten, angesichts der Schmerzen, die besagte Embryonen anscheinend erleiden.
Menschen jedoch können, nachdem sie aus dem Mutterleib gerissen wurden, getrost dem Erstickungstod überlassen werden: ein Tod, der von einigen Beteiligten als „traurig“ beschrieben aber aufgrund der „schlechten Finanzlage und Wohnungsprobleme“ der Mutter gerechtfertigt wurde; eine Frau, die – dank des von der Premierministerin vorangetriebenen Gesetzes – „frei“ entscheiden konnte, ihr Kind unter solchen Qualen leiden und sterben zu lassen. Wohlgemerkt, hat ihr Heimatland angesichts der finanziellen Schwierigkeiten und Wohnprobleme ihr nicht etwa Hilfe angeboten, um so ihre Notlage zu begrenzen und ihre Schwachstellen auszugleichen, sondern um „das Leben ihres Kindes auf qualvolle und grausame Weise zu beenden“, so Nicola. „Es ist feige und widerlich, einen Menschen so zu behandeln“ – wahrlich ein Glanzstück moderner Zivilisation. Wir verstehen nicht, weshalb diese Frau sich dankbar schätzen sollte, die übrigens „beim Verlassen des Krankenhauses noch Unterstützung und Hilfe in ihrer Situation gebraucht hätte“ und nun zusätzlich eine schwere Last zu tragen hat: das Wissen, dass die Frucht ihres Leibes hilflos und leidend bis zum letzten Atemzug – allein – zurückgelassen wurde.
Keine Überraschung: Das war vorhersehbar
Wie die Sprecherin von Right to Life UK, Catherine Robinson, betont: „Dieser Fall ist in der Tat tragisch, aber völlig vorhersehbar. Neuseelands neues Abtreibungsgesetz ist barbarisch. Die Abgeordneten – darunter Jacinda Arden – die gegen den Änderungsantrag gestimmt haben, welcher eine medizinische Behandlung für lebend geborene Babys nach einer fehlgeschlagenen Abtreibung vorschreibt, sind eine Schande und sollten sich schämen.“ Denn der als „unnötig“ erachtete Änderungsantrag basierte auf dem Wissen, dass in anderen Ländern Babys nach fehlgeschlagenen Abtreibungen dem Tod überlassen werden, sofern eine medizinische Behandlung in diesen Fällen nicht gesetzlich vorgeschrieben ist.
Discussion about this post