Last updated on Januar 21st, 2021 at 10:28 am
Gestern genehmigte die Abgeordnetenkammer des spanischen Parlaments das neue Gesetz, das Sterbehilfe und assistierten Suizid erlaubt, und kommt damit – ohne Furcht vor Spitzfindigkeiten oder Widersprüchen – dem langgehegten Wunsch der nationalen Linken nach, die das Gesetz schon lange auf Biegen und Brechen einfordern.
Wie Allgemein in allen Ländern üblich, hängt nun alles vom Senat ab. Doch im Madrider Senat scheint der Sieg der Euthanasie-Befürworter bereits festzustehen. Demnach wird das neue Gesetz drei Monate nach Veröffentlichung im Amtsblatt, also voraussichtlich im April, in Kraft treten. Während die Welt wahrscheinlich die Erfolge des CoViD-19-Impfstoffs feiern wird, wird Spanien all die Alten, „Unwertigen“ und „Unwürdigen“, die vom Coronavirus verschont geblieben aber noch nicht schutzgeimpft sind, ohne mit der Wimper zu zucken, beseitigen können.
In Wirklichkeit wiederholt sich, immer mehr ins Groteske und Absurde abgleitend, das Paradoxon der „Befreier“ unserer Zeit: die mit einer tödlichen Spritze gewappneten „Guten“ sind mit aller Kraft entschlossen, möglichst viele Leben vor der „neuen Seuche“ (oder was sie als solche einstufen) zu retten mit dem Ziel eben diese Leben nach Belieben zu beseitigen, sei es durch die telefonisch verschriebene „Todespille“ zur Do-it-yourself-Abtreibung oder durch die legale Bevollmächtigung zum Töten.
Scheinbar kann die moderne Welt den Gedanken nicht ertragen, dass irgendeine Krankheit einem das heimliche Vergnügen raubt, den Nächsten oder sich selbst zu töten. Als ob wir der Natur nicht einmal den Tod gönnen wollten – analog zu unseren mannigfaltigen Versuchen, ihr auch das Leben zu entreißen. Unsere Welt unternimmt alles Mögliche -Distanzierung, Isolation, Abriegelung- um Menschen vor Krankheit zu beschützen, nur um sie dann – nicht ohne Genugtuung – dem Tod auszuliefern. Alles Leben existiert, nur um getötet werden zu können.
Am Ende ist also auch Spanien in das schwarze Loch der Tötung auf Verlangen gefallen, des Tötens „aus Mitleid“, des „guten Todes“: er wird so beschrieben als gäbe es keine Alternative, Aussicht, Hoffnung mehr. Auffallend ist auch die Beharrlichkeit zur Legalisierung von Euthanasie, vor allem von Seiten all jener kulturellen Strömungen, die die Vorstellung von einem Jenseits nach dem Tod leugnen oder achselzuckend abtun. Spanien wird somit nach den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Kanada und Kolumbien zum sechsten Land der Welt, das die Herbeiführung des Todes von Unschuldigen und Leidenden legalisiert hat. Wir leben nämlich in einer zivilisierten Welt, die alles nach Vorschrift macht. Nicht wie die Barbaren des Dritten Reiches, die alles im Verborgenen taten.