Natürliche Empfängnisregelung: Mehr als eine sichere Alternative zu gesundheitsschädlichen Verhütungsmitteln

Interview mit Elisabeth Rötzer, Leiterin des Instituts für Natürliche Empfängnisregelung.

Immer mehr Frauen wenden sich von den klassischen hormonellen Verhütungsmethoden ab, weil diese mit erheblichen Gesundheitsgefahren für die verhütenden Frauen verbunden sind. Eine hormonfreie und natürliche Alternative bietet die Natürliche Empfängnisregelung (NER), die bei richtiger Anwendung die Sicherheit herkömmlicher Kontrazeptiva sogar noch übertreffen kann. Mittlerweile hat sich eine kleine Community an NER-Referenten und Anwendern entwickelt, die stetig wächst.

Im heutigen IFamNews-Interview sprechen wir mit Elisabeth Rötzer, der Tochter des verstorbenen Entdeckers der Methode, Prof. Dr. med. Josef Rötzer, über die Natürliche Empfängnisregelung und ihre Vorzüge gegenüber herkömmlichen Verhütungsmitteln.

IFamNews: Frau Rötzer, Sie leiten das Institut für Natürliche Empfängnisregelung (INER) und führen das Erbe Ihres Vaters fort, der zusammen mit seiner Frau die Natürliche Empfängnisregelung entdeckt hat. Ganz allgemein, was ist die Natürliche Empfängnisregelung (NER) und wie ist ihr Vater dazu gekommen, sie zu entwickeln?

Elisabeth Rötzer: NER beruht auf der wissenschaftlichen Tatsache, dass im Zyklus der Frau fruchtbare und unfruchtbare Tage mit Zuverlässigkeit erkannt werden können, und dieses Wissen geben wir allen Interessierten weiter: Wenn Kinderwunsch besteht, weiß das Paar um die möglichen fruchtbaren Tage, wenn eine Schwangerschaft vermieden werden soll, weiß es um die unfruchtbare Zeit.

Meine Eltern wollten als gläubiges Ehepaar von Beginn ihrer Ehe an nach Gottes Willen ihre Ehe leben und sich auch an die kirchliche Lehre halten. 1945 gab es aber noch sehr wenig Praktisches zum Thema „Empfängnisregelung“. Das Lebenswerk1 meiner Eltern begann 1951, als sie ein DIN A5 großes Blatt Papier von einem Frauenthermometer bekamen, in dem stand, dass die fruchtbare Zeit in der Tieflage der Temperatur der Frau liegt, die unfruchtbare Zeit in der Temperaturhochlage. Gemeinsam begannen sie mit der Aufzeichnung des Zyklus: Mein Vater zeichnete Zyklustabellen, richtete das Thermometer her und reichte es am Morgen seiner Frau zum Messen, und er trug die Werte in die Tabelle ein. Meine Mutter führte das Messen der Aufwachtemperatur durch. Und es ist ihrer Aufmerksamkeit zu verdanken, dass sie im Lauf ihres Zyklusgeschehens Unterschiede beobachtete: Sie hatte einen starken Schmerz im Unterbauch und eine Art schleimige Absonderung an manchen Tagen des Zyklus. Beides erforschte mein Vater in der medizinischen Literatur: Der Schmerz im Unterbauch ist der sogenannte „Mittelschmerz“, die zeitweilige Absonderung ist der Zervixschleim, der die fruchtbare Zeit kennzeichnet. Aus dem Beobachten von verschiedenen Zykluszeichen – Symptome – und dem Messen der Aufwachtemperatur erklärt sich auch der Name „Sympto-thermale Methode“.

Von Anfang an stand für meinen Vater die Überlegung im Raum, wie einerseits die Beobachtungen der Frau und andrerseits die wissenschaftlichen Erkenntnisse in so klare Auswertungsregeln gefasst werden können, dass die NER für immer mehr Frauen und Ehepaare mit hoher Zuverlässigkeit lebbar ist. Das war der Beginn für das Lebenswerk meines Vaters, der in der sympto-thermalen Methode die zuverlässigste Form der NER entwickelt hat.

Kein Verhütungsmittel, sondern Wissensvermittlung

IFamNews: Ein häufig vorgebrachtes Argument gegen natürliche Verhütungsmittel lautet, dass sie ungewollte Schwangerschaften nicht vermeiden können und zu unsicher sind. Inwiefern unterscheidet sich NER von anderen natürlichen Methoden?

Elisabeth Rötzer: Darf ich da zunächst eine Klarstellung bringen? NER ist kein Verhütungsmittel, sondern Wissensvermittlung, und dieses Wissen wird – wie bereits erwähnt – sowohl bei Kinderwunsch als auch bei Vermeidung einer Empfängnis eingesetzt. Verhütung hingegen bedeutet, „absichtlich unfruchtbar gemachter Geschlechtsverkehr“.

Wenn Sie im Internet suchen, finden Sie viele „natürliche Methoden“, manche beruhen nur auf dem Aufzeichnen von Blutungen, von Berechnungen, von alleiniger Zervixschleim-Beobachtung, oder reine Temperaturmethoden.

Das Ureigenste, die Originalität der Arbeit von Rötzer liegt in der Erkenntnis, dass es für die zuverlässigste Vorgangsweise der NER notwendig ist, die Auswertung der Messung der Aufwachtemperatur von der Selbstbeobachtung der Frau abhängig zu machen, das ist DIE erste echte sympto-thermale Methode.

IFamNews: Wie sicher ist NER zur Vermeidung einer Schwangerschaft auch im Vergleich mit natürlichen oder konventionellen hormonellen Verhütungsmitteln?

Elisabeth Rötzer: Die Zuverlässigkeit der NER Rötzer sympto-thermal besteht darin, dass es Rötzer gelungen ist, ganz klare Regeln zu entwickeln, die die sicher unfruchtbare Zeit im Zyklus der Frau, die in der etablierten Temperaturhochlage liegt, zu bestimmen. In internationalen Studien wurde diese Sicherheit überprüft, und auch in Lehrbüchern der Gynäkologie angeführt (Literatur bei uns erhältlich)2. Wenn auch nicht ganz exakt gibt uns der sogenannte Pearl-Index (PI) einen Hinweis – wie viele Frauen werden schwanger, wenn 100 Frauen ein Jahr lang eine Methode leben? Im Deutschen Ärzteblatt 2011 wird für die Verhütungsmittel, wie z.B. der Ovulationshemmer, ein PI in der korrekten Anwendung von 0,3 angeführt, aber in der typischen Anwendung ein PI von 8.

Der Gesamt Pearl Index (PI) für die Rötzermethode liegt in der korrekten Anwendung bei 0 und in der typischen Anwendung (im Alltag) bei 0,8.

IFamNews: Kann jede Frau und jedes Paar NER anwenden oder gibt es bestimmte Bedingungen, die einen Gebrauch der Methode ausschließen?

Elisabeth Rötzer: Grundsätzlich soll jede Frau ihren persönlichen Zyklus kennenlernen, und das ist jeder Frau möglich. Voraussetzung für eine zuverlässige NER-Anwendung sind eine gute Kenntnis des Zyklusablaufes, eine Einschulung, sei es durch das Buch Natürliche Empfängnisregelung 3 und/oder durch einen Kurs, das konsequente Führen von Aufzeichnungen und natürlich die genaue Beachtung der Regeln.

Jede Frau kann NER lernen – ein Beratungsnetzwerk im deutschen Sprachraum hilft dabei

IFamNews: Wann sollten Frauen und Paare am besten mit NER beziehungsweise Zyklusaufzeichnungen beginnen?

Elisabeth Rötzer: Unsere Vision ist, dass Mädchen mit der Menarche (= erste Blutung) oder sogar schon davor beginnen, ihren Körper zu beobachten und den „Regelmonat“ aufzuzeichnen, um Fachkompetenz über ihren ganz persönlichen Zyklus zu erwerben. Dazu gibt es eigene Mädchentabellen und ein spezielles Buch4.

Für Paare ist es hilfreich, bereits vor dem Anstreben der ersten Schwangerschaft gemeinsam den Zyklus der Frau verstehen und gemeinsam auswerten zu können.

IFamNews: Es scheint, dass die sichere Anwendung der NER schon eine gewisse Übung erfordert. Wo können Leserinnen und Leser NER lernen und mit welchen Kosten ist die Methode verbunden?

Elisabeth Rötzer: Ja, es ist unsere Aufgabe als Institut, jedem beizustehen, der die NER erlernen möchte: Dazu dient das Lehrbuch Natürliche Empfängnisregelung3, das für das Selbststudium geeignet ist; es werden Kurse angeboten (www.iner.org), und es besteht jederzeit die Möglichkeit, ein persönliches Beratungsgespräch in Anspruch zu nehmen, dazu gibt es im gesamten deutschen Sprachraum ein Beratungsnetz.

IFamNews: Warum ist es Ihnen wichtig, NER bekannt zu machen und was sollte jede Leserin und jeder Leser zu NER wissen?

Elisabeth Rötzer: In jeder Frau gibt es diesen Zyklus von fruchtbaren und unfruchtbaren Tagen. Für mich als Christin bedeutet dies aber noch viel mehr – NER liegt im Schöpfungsplan Gottes für die Ehe begründet, es ist Sein Geschenk an alle Ehepaare, die verantwortete Elternschaft in Seiner Ordnung leben zu können. Dieser Weg ist nicht immer einfach zu leben, vor allem auch die Gestaltung der enthaltsamen Zeiten im ehelichen Leben. Aber gerade mit Seiner Hilfe ist NER der Weg, der die Liebe zueinander immer tiefer werden lässt, besonders auch im gemeinsamen Durchstehen von schwierigen Zeiten. Ich ermutige alle Leserinnen und Leser: Beginnen Sie mit diesem Lebensweg der NER auch im Vertrauen auf die Hilfe Gottes!

IFamNews: Interessierte Leserinnen und Leser erreichen Frau Rötzer unter elisabeth.roetzer@iner.org und finden weitere Informationen unter www.iner.org.

Literatur:

  1. Elisabeth Rötzer (Hrsg.), Ein Arzt in der Verantwortung vor Gott. Josef Franz Rötzer. ehefamiliebuch 1. Aufl. 2020.
  2. Ärzteinformationsbroschüre, erhältlich bei INER.
  3. Josef Rötzer/Elisabeth Rötzer, Natürliche Empfängnisregelung. Die sympto-thermale Methode – gesund, sicher, partnerschaftlich. 1. aktualisierte (48). Auflage 2021, Verlag Herder.
  4. Eisl Maria und Heinrich, Die Sprache des Körpers entdecken. Vom Jugendlichen zum Erwachsenen kann bestellt werden unter: www.tiefverwurzelt.at.
Die mobile Version verlassen