Dieser Artikel wird mit freundlicher Genehmigung des katholischen Blogs Salon Beige wiedergegeben, wo er ursprünglich veröffentlicht wurde (nde).
Die französische Tageszeitung Opinion hat in einem Artikel vom demographischen Winter in Italien berichtet, der durch die Pandemie noch verschlimmert wurde. Infolge des Verlusts von etwa 700.000 Einwohnern in den letzten fünf Jahren ist Italien zum ersten Mal seit 2013 unter die 60 Millionen Einwohner-Marke gefallen. Die Pandemie hat die demographische Situation Italiens, wo die Fruchtbarkeitsrate bei 1,3 Kindern pro Frau liegt, noch verschärft.
Man könnte meinen, der coronabedingte Lockdown werde zu höheren Geburtenraten führen… doch laut einer amerikanischen Studie werden im nächsten Jahr allein in den USA aufgrund der Pandemie 500.000 Kinder weniger das Licht der Welt erblicken. Laurent Chalard erklärt dazu auf der Nachrichten-Website Atlantico: „Diese amerikanischen Forscher, die Ökonomen aber keine Demographen sind, stützen sich nicht auf reale statistische Daten – denn die seit der Covid-19-Krise gezeugten Kinder sind naturgemäß noch nicht geboren worden – sondern auf statistische Modelle. Diese basieren auf der Grundannahme, dass die Geburtenrate nach Covid-19 in den Vereinigten Staaten sich analog entwickeln wird wie bereits in der Vergangenheit beobachtet. So führten sowohl die vergangene Wirtschaftskrise 2007-2009 als auch die schlimme, durch die Spanischen Grippe verursachte Gesundheitskrise im Jahr 1918 zu einem Rückgang der Geburtenrate. Was die wirtschaftlichen Auswirkungen anbelangt, geht die Hypothese im Wesentlichen davon aus, der Einkommensrückgang werde viele Familien automatisch dazu veranlassen, die Kinderplanung hinauszuzögern, was zu einer niedrigeren Geburtenrate führt. Was die Gesundheitskrise selbst betrifft, geht man dieses Mal von einem anderen Szenario aus, denn die Bevölkerung sehe in den hohen Sterblichkeitsraten eine Quelle von Unsicherheit und Zukunftsangst, die sich im gegenwärtigen Kontext sozialer Distanzierung nachteilig auf eine geplante Mutterschaft auswirken. Auch wenn das Argument zuzutreffen scheint, so ist es doch im Grunde genommen ein reines Gedankenspiel, denn die Autoren stellen gewagte Vergleiche an. Beispielsweise weist Covid-19 im Vergleich zur Spanischen Grippe eine sehr geringe Sterblichkeitsrate auf und betrifft kaum Frauen im gebärfähigen Alter. Ebenso ist der Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Geburtenrate bei weitem nicht so systematisch wie angenommen, da die Geburtenzyklen in den Industriestaaten nicht unmittelbar von Konjunkturzyklen abhängen. Letztlich basieren die Schlussfolgerungen dieser Forscher auf einer Art wirtschaftlichem Determinismus, ähnlich den in den Medien propagierten ‚Absatzprognosen’, deren Umsetzung jedoch ziemlich zweifelhaft sind, doch wird sich der Trend zu einer rückläufigen Geburtenrate in den USA wahrscheinlich auch im Jahr 2021 bestätigen.
Im Allgemeinen glaubt man, dass Episoden wie Blackouts (massive Stromausfälle) zu einem leichten Anstieg der Geburtenrate führen. Sollten wir angesichts der Lockdown-Phase, welche zwar zwangsläufig Intimität erzeugt, aber Paare dennoch psychisch schwer belastet hat, in den kommenden Monaten mit einer Schwankung der Geburtenrate – in die eine oder die andere Richtung – rechnen?
Die Ausnahmebedingungen, die Frankreich im Jahr 2020 erlebt hat, sind aufgrund ihrer Dauer (3 Monate erheblicher Bewegungseinschränkungen) und ihrer psychologischen Auswirkungen (einschließlich existentieller Fragen) nicht mit Blackouts zu vergleichen, die entgegen der landläufigen Meinung keinerlei Auswirkung auf die Geburtenrate haben. Was die möglichen Konsequenzen dieser Einschränkungen auf die Geburtenrate in Frankreich betrifft – eine aus wissenschaftlicher Sicht völlig legitime Frage auf eine noch nie dagewesene Situation – sind folgende zwei Szenarien möglich.
Erstens: Paare, die ohne Beschäftigung und allein waren, hatten viel mehr Zeit, sich dem Kinderzeugen zu widmen, wodurch die Geburtenrate vorübergehend (drei Monate lang) angekurbelt wurde, zumal viele Mitmenschen das erzwungene Zuhausebleiben dazu nutzten, gründlich über den Sinn ihres Lebens nachzudenken, ihren Lebensrhythmus zu entschleunigen und sich vom Arbeitsstress zu trennen, allesamt Elemente, die neue Projekte begünstigen, wie zum Beispiel die Zeugung des ersten oder eines weiteren Kindes.
Das zweite Szenarium, das der Hypothese der amerikanischen Forschern ähnelt, lautet: Angesichts der Angst vor einer düsteren Zukunft und der absehbaren schweren Wirtschaftskrise haben viele Paare beschlossen, die Nachwuchsplanung auf später zu verschieben, was zu einem Rückgang der Geburtenrate im nächsten Jahr führen wird. Wahrscheinlich hat sich die Einstellung zur Elternschaft von Paar zu Paar sehr unterschiedlich entwickelt, so dass es unmöglich ist, vorauszusehen, welcher Trend sich letztendlich durchsetzen wird! Wir werden im Frühjahr 2021 eine Antwort haben, wenn das Statistische Amt im Januar 2021 die ersten vorläufigen Daten zur Geburtenrate veröffentlichen wird.
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