Selbstverständlich wird sie uns als effiziente Maßnahme zum Schutz der Schwächsten – und in diesem speziellen Fall – als Beitrag zur Prävention von Kindesmisshandlung und -vernachlässigung verkauft. Die in den Niederlanden entwickelte Abhilfe besteht darin, alkohol- bzw. drogenabhängigen Frauen Verhütungsmittel zu verabreichen, aber nicht nur: auch Frauen mit einer Behinderung oder Frauen, die an Hepatitis B oder C oder an psychischen Erkrankungen leiden oder bei denen Lernschwierigkeiten diagnostiziert wurden, sollen dieser Behandlung unterzogen werden. Ob die Frauen dies freiwillig tun oder nicht, wird von den Befürwortern des Anti-Geburten-Gesetzes im Unterhaus des niederländischen Parlaments als nebensächlich angesehen, denn es handele es sich um eine Frage der öffentlichen Gesundheit, der sich der Wille des einzelnen Bürgers ehrfurchtsvoll beugen müsse.
Wenn sich der Staat als Bezwinger „individueller Egoismen“ aufspielt, kann er sich auch das Recht herausnehmen, seinen Bürgern Chemikalien zur Empfängnisverhütung zu injizieren, eine Praxis, die den Behörden schon bald zur Genehmigung vorgelegt wird.
Ein solches Szenarium hatte der dänische Schriftsteller Henrik Stangerup (1937-1988) in seinem 1973 erschienenen Roman „Der Mann, der schuldig sein wollte“ vorweggenommen: zum Erhalt einer stabilen Gesellschaft müssen sich alle Menschen, die Eltern werden möchten, zunächst einem Eignungstest unterziehen.
Fast 50 Jahre später wird dies Realität: Eine gewisse Heleen Dupuis, die in der Vergangenheit Richterin in Familienangelegenheiten und Senatorin der liberalen Partei Volkspartij voor Vrijheid en Democratie war, hat sich den abscheulichen Gesetzentwurf ausgedacht. In ihrer Zeit als Richterin habe sie, wie sie behauptet, Hunderte von Müttern erlebt, die nicht in der Lage waren, die eigenen Kinder großzuziehen. So ist sie auf die Idee gekommen, Geburten zu verhindern und tut somit gleichzeitig der Pharmaindustrie einen Gefallen. In jedem Fall handele sich um eine vorübergehende und jederzeit widerrufbare, wenn auch nicht freiwillige Maßnahme: die Entscheidung treffen nicht die Betroffenen selbst, sondern die mit dem Fall betrauten Richter und Staatsdiener.
Zu dieser Kategorie zählt Cees de Groot, ehemaliger Vizevorsitzender des Bezirksgerichts Rotterdams und aktueller Vorsitzender des Ausschusses für obligatorische Empfängnisverhütung. Als Beispiel nennt er den Fall einer psychisch labilen Prostituierten, deren Freier Sex mit einer schwangeren Frau vorziehen. Die Rede ist vom klassischen, theoretisierten „Mitleidsfall“, dessen Ziel es ist, ein emotional beeinflusstes, moralisches Urteil herbeizuführen, welches nicht auf rationalen Argumenten beruht.
In Schweden hingegen hatte es der Gesetzgeber nicht nötig, an Güte und Mitleid zu appellieren. 1934 wurde ein Eugenik-Gesetz verabschiedet, das erst 1996 aufgehoben wurde. Zu jenem Zeitpunkt waren bereits rund 230.000 Menschen – 90% davon Frauen, mit körperlicher oder geistiger Behinderung aber auch Nichtbehinderte – zwangssterilisiert worden. Sie stammten allesamt aus kinderreichen oder armen Familien und wurden daher als ungeeignet eingestuft, selbst Kinder zu bekommen, die am Ende wahrscheinlich dem Staat auf der Tasche gelegen hätten. Angeregt wurde das Sterilisationsprogramm vom Ehepaar Myrdal, die beide später von der Königlich Schwedischen Akademie mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden: Ehemann Gunnar erhielt die Auszeichnung 1974 im Bereich Wirtschaft und seine Ehefrau Alva erhielt 1982 den Friedensnobelpreis.
Demgemäß ist die Idee entstanden, „sozial bedenkliche Elternschaft“ zu unterbinden, wie vom niederländischen Gesundheitsminister Hugo de Jonge formuliert, der sich schon immer für die Entziehung der reproduktiven Rechte ausgesprochen hat. Im Grunde sind die Richtlinien der Vereinten Nationen, des Weltkinderhilfswerks und der Weltgesundheitsorganisation seit nunmehr zwei Jahrzehnten eng an das dazugehörige Konzept der „reproduktiven Gesundheit“ verknüpft, welches vor allem zur Förderung von Abtreibung in der Dritten Welt eingesetzt wird. Im Zuge dessen räumt man mit einem Aufruf zu Nichtdiskriminierung, Inklusion und Anti-„Homo/Bi/Transphobie“ homosexuellen Paaren auch gleich noch das Recht ein, Kinder zu adoptieren. Das ist schließlich auch eine Methode zur Eindämmung des Bevölkerungswachstums.