Hoffnung inmitten der Verzweiflung: Konfliktschwangerschaften und wo es Hilfe gibt

Tiqua e.V. hilft Frauen in der „Ausnahmesituation“ Schwangerschaft und setzt die Betroffenen in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. Interview mit Gründerin und Leiterin Sonja Dengler.

Last updated on Juni 10th, 2020 at 02:42 am

Sonja Dengler ist Gründerin und Leiterin von Tiqua e. V., einer Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle, die Frauen mit ihren Schicksalen hilft, um Abtreibungen zu vermeiden. Frau Dengler wurde von iFamNews über die Idee hinter dieser lebensrettenden Arbeit und ihr neues Buch interviewt.

Sonja Dengler

iFamNews: Liebe Frau Dengler, vielen Dank für Ihre Zeit! Könnten Sie sich unseren Lesern kurz vorstellen?

Sonja Dengler: Mein Name ist Sonja Dengler, ich bin Familien- und Verhaltenstherapeutin. Vor mehr als 45 Jahren erlebte ich unmittelbar mit, wie eine junge Frau durch Abtreibung (damals in Holland vorgenommen) buchstäblich vor meinen Augen immer mehr verfiel, immer wieder ihr Kind lebend zurück haben wollte und von Tag zu Tag verzweifelter wurde. Bis sie freiwillig in die Psychiatrie ging, dort aber nichts von der Abtreibung erwähnte.

Weitere Erfahrungen (ich war seinerzeit in der sogenannten feministischen Bewegung) kamen hinzu und so gründete ich zusammen mit einer Freundin und mit meinem späteren Mann eine Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle, die zum Ziel hat, die bevorstehende Abtreibung zu verhindern. Der Begriff Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle beinhaltet für den Rest der Welt: Hier gibt es schnell Abtreibung. Das ist bei uns natürlich nicht der Fall, auch den Tötungsschein stellen wir nicht aus. Wir widmen uns tatsächlich den Frauen und ihren Kindern und räumen gemeinsam mit ihr alle Hindernisse aus dem Weg, die dem Kind das Leben kosten. 

iFamNews:Welche Idee steckt hinter „Tiqua“? Wie konkret können Sie Frauen in Konfliktsituationen helfen? Ist Abtreibung wirklich die Lösung?

Sonja Dengler: Die Idee hinter Tiqua (hebräisch = Hoffnung) ist: nicht nur die geplante Abtreibung zu verhindern, sondern der Schwangeren eine andere Zukunft zu erarbeiten, mit mehr Selbstachtung als bisher und einem wachsenden Selbstwertgefühl zu ermöglichen. Ohne Kinderleiche, versteht sich.

Die Idee ist weiter, sie auf diesem Weg mit Gott in Bekanntschaft zu bringen, unter dessen Führung sich alleine lohnt, unterzuordnen – und wie sie persönlich lernen kann, auf diese Stimme zu hören.

Gerade dies, dass es uns um die konkrete Persönlichkeit der Schwangeren (nicht um Geldverdienen durch Abtreibung) geht, bringt uns den erhofften Erfolg, den wir freilich extrem fleißig erarbeiten: Nicht nur sie wird beraten, sondern alle Personen ihres Umfeldes, alle die uns zur Rettung des Kindes notwendig erscheinen bzw. deren Abtreibungswillen erkennbar wird. Das ist in erster Linie der Kindesvater, bei ihm schauen wir, ob er zu den Guten gehört, der sich bloß in den Wirren unserer Zeit verlaufen hat und wie wir ihm ohne Gesichtsverlust den Rückweg ebnen können – oder gehört er zu den Stinkstiefeln, die machtgierig nach Kinderopfern schreien (und anschließend dieselbe Frau sitzen lassen, die sie zuvor erpressten ‘das Kind oder ich’). Das sind besondere Herausforderungen aber diese Beratungsart entspricht geltender Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes vom Februar 1975 und vom Mai 1993. Wir halten uns an die Urteile der Höchstrichter und folgen deren sinnvoller Argumentation, auf die ich später noch eingehe – dies kann man von den staatlich geförderten Schein-Beratungsstellen nicht sagen. Der Grund für uns stringente Vorgehensweise liegt darin, dass wir erleben, wie die meisten Frauen zur Abtreibung „überredet“ werden. In aller Regel wird massiver Druck auf sie ausgeübt, so sie sich abtreibungs-unwillig zeigen sollte.

Seit den Jahrzehnten unserer Gründung erleben wir, wie Frauen immer mehr sich ihrer Menschenrechte berauben lassen, wie sie sich immer mehr ausbeuten und ausnutzen lassen, obwohl sie sich nach außen emanzipiert zeigen. Wie sie immer schneller ihren „Lebensplatz“ verlieren/bzw. ihn noch niemals suchten, wie sie sich gegenüber diesen erkennbaren Ausbeutern erniedrigen – alles in der vagen Hoffnung, eines Tages dafür von ihm geliebt zu werden. Immer in der Hoffnung, der Auserwählte begreift, dass ihre Emanzipation nicht echt ist und die innere Verletztheit seiner Hilfe bedarf. Diese Hoffnung ist vergeblich natürlich und je öfter sie sich bisher an den Falschen verloren haben, desto schneller gerät ihr Leben in die Schieflage. Das belegt ihr bisherige Lebensgeschichte, in der sie sich an falscher Stelle und bei den falschen Personen umsonst abgemüht hat. Die bevorstehende Abtreibung bedeutet schlicht: der overkill ist geplant, alles wird komplett zerschlagen – DAS freilich kann sie noch nicht erkennen.

Wir haben ein adäquates Beratungskonzept erarbeitet, das ihr ermöglicht, eigene Stärken und Schwächen zu erkennen und gemeinsam den Weg aus dem Labyrinth zu finden.

Wir können der Schwangeren aufzeigen und dabei helfen, gangbare Wege aus der  aussichtslosen Lage zu finden. Eine Lebensbilanz zu ziehen und sie neu zu bewerten. Unabhängig davon, welche Geschichte nun genau hinter der akuten Konfliktgeschichte steckt. Weil wir nicht nur beraten, sondern die gemeinsam erarbeitete bessere Zukunft dann mit ihr auch konkret zu realisieren. Dazu setzen wir Spenden ein und helfen, alles wieder bzw. überhaupt erst einmal ins Lot zu bringen.

Sie können sich sicher jetzt selbst vorstellen, warum wir von den Kindertötern so gehasst und verfolgt werden. Wir lassen uns davon nicht weiter beeindrucken.

 iFamNews: Verstehen – Ihrer Erfahrung nach – die Betroffenen überhaupt die Wirklichkeit einer Abtreibung?

Sonja Dengler: Wie könnten sie das?! Der Betrug hinter dieser scheinbar freundlichen Maske ist sehr gut getarnt etwa mit Begriffen wie etwa „Befreiung der Frauen“. Alles geschieht ja vorgeblich im Namen von „Emanzipation“, „Gleichberechtigung“, „Antidiskriminierung“ und „Frauenrechten“. Die harte Wirklichkeit sieht freilich anders aus. Der nach eigenen Angaben größte Abtreiber Deutschlands (er hat übrigens keine Approbation) lockt z.B. Frauen an, indem er behauptet, vor der Abtreibung kämen die Frauen mit herunterhängenden Mundwinkeln in seine Praxis und nach der Tötung ihres Kindes würden sie strahlend wieder herauskommen. Damit erklärt er Schwangere zu fröhlichen Abtreiberinnen – und es zeigt seine innere Geringschätzung ihnen gegenüber. Jeder kann sich von diesem Betrug überzeugen, der sich die Zeit nimmt, die herauskommenden Frauen anzuschauen. Das kalte Grauen steht ihnen im Gesicht geschrieben. Gut lesbar sogar für emotionale Analphabeten.

Aber leider sind solcherart Irreführungen, die auf Frauen in einer extremen Ausnahmesituation abzielen, gut gewählt. Und sie treffen dementsprechend. Punktgenau! Und es sind solcherart Versprechungen, die sie akut hören wollen. Weil sie verzweifelt sind, zornig auf sich selbst und die ganze Welt und weil sie (wieder einmal) am schrecklichen Beziehungs-Ende strandeten.

Schwangerschaft ist tatsächlich immer eine Ausnahmesituation. Auch für glücklich verheiratete Frauen. Niemand würde in einer Ausnahmesituation große Entscheidungen treffen, kein Auto kaufen, kein Haus mieten oder ähnlich Umwälzendes tun. Jeder würde (und sollte) klug damit warten, bis die Ausnahmesituation vorüber ist und erst dann entscheiden.  Weil jedoch ihr bisheriges Leben zusammenbricht (nicht nur droht, zusammenzubrechen), sucht sie nach einem schnellen und einfachen Ausweg, sie will ihre Lebensuhr zurückdrehen und will dazu alle Mittel anwenden, die ihr irgendwie geeignet erscheinen – da kommen die billigen, hinterhältigen und falschen Versprechungen („danach wird es so sein, als wären Sie nie schwanger gewesen“) gerade recht.

Hinzu kommt: Die Medien spielen beim Thema Abtreibung eine sehr hässliche und ebenfalls irreführende Rolle. Das liegt vermutlich daran, dass dieser Berufszweig – männlich oder weiblich, wie Erhebungen zeigen – am wenigsten Bindungen eingeht und kaum Kinder zur Welt bringt. In ihren Artikeln spiegeln sie also ihre eigenen nicht existierenden Lebensziele wider und erklären sie zum gültigen Maß aller Dinge. Diese Journalisten verheimlichen zum Beispiel, dass der größte Abtreiber Deutschlands (so nennt er sich selbst), kein Gynäkologe ist, keinen Abschluss als Arzt vorweisen kann und keine Approbation hat) – das verschwiegen sie, damit die Schwangeren weiterhin zu ihm reisen.

Die Schwangeren können immer erst nach (!) erfolgter Abtreibung feststellen, dass sie ausgebeutet und angelogen wurden und einer brutalen Selbsttäuschung aufgesessen sind. Je nach Temperament geht es dann weiter: Die einen werden immer danach wieder schwanger, machen immer wieder Abtreibungen, andere landen früher oder später in psychiatrischer Behandlung, manche werden lesbisch oder gehen keinerlei zwischenmenschlichen Beziehung mehr ein, sehr viele werden aggressiv und fordern „freie Abtreibung“ für alle anderen Frauen in der Welt. Dann, so glauben sie, sind sie in ihrem Elend nicht mehr alleine. Das ist ein psychologischer Prozeß, den zu erforschen der Staat keine Gelder bewilligt und der deshalb öffentlich nicht wahrgenommen werden kann. Das wiederum kommt der Abtreibungslobby gut zupass, denn für sie geht es ja ‘nur’ um die Tötung des ungeborenen Kindes, sowie dessen wirtschaftliche Vermarktung seiner körperlichen Einzelteile (sie nennen es „ernten“) und um die reichlich fließenden Unterstützungsgelder für diesen Massenmord. Ein höchst einträgliches Milliarden-“Geschäft“. Alles andere, die Schwangere oder das Kind etwa, ist ihnen gleichgültig.

 iFamNews: „Alles wird gut“ lautet der Titel Ihres neuen Buches – wovon handelt es?

Sonja Dengler: Im Kern geht es um zwei sehr unterschiedliche Frauen – aus deren Leben haben wir einen spannenden Roman um einen unserer schwierigsten Schwangerschaftskonflikte geschrieben, der den Lesern aufzeigt, was sich im Hinter- und auch im Vordergrund so alles abspielt, dass am Ende Kindertötungen dabei herauskommen. Ursprünglich wollten wir ein Sachbuch schreiben, aber dies würde niemals die ungeheuren Spannungen aufzeigen können, denen die Schwangeren ausgesetzt sind. Nichts ist so spannend und grausam wie das Leben selbst.

Nebenbei zeigt der Roman auch, wie subtil und raffiniert jene Beratungsstellen vorgehen, die davon leben, dass Kindertötungen durchgeführt werden – der deutsche Staat hat mit der Finanzierung und Etablierung solcher frauen- und kinderfeindlichen Beratungsstellen ein in sich geschlossenes Tötungssystem aufgebaut. Sie verfügen entweder über organisationseigene Abtreibungspraxen oder schicken die Frauen zum nächsten Abtreibungszentrum. Dazu müssen sie einen Beratungsschein ausstellen, denn nur wer den sogenannten Tötungsschein ausstellt, wird vom Staat mit bis zu 90% finanziert. Geld schlägt Moral. Das direkte und indirekte „Geschäft“ mit den Kindertötungen beläuft sich weltweit auf Milliarden jährlich. Keine Kleinigkeit also, das ist das ganz große Big Business und wenn Sie sich die Tötungszahlen weltweit mal anschauen, erkennen Sie das mörderische Handwerk:

iFamNews: Ein „Recht“ auf Abtreibung ist in Deutschland – und in zahllosen anderen Ländern – gesetzlich verankert; sind solcherart Gesetze Errungenschaften für einen Rechtsstaat?

Sonja Dengler: Das ist ja der tödliche Betrug, an dem die Medien einen entscheidenden Anteil tragen: Es gibt gar kein „Recht auf Abtreibung“, dennoch haben die Medien diesen Ausdruck geprägt und verbreitet.

Nach deutschem Gesetz ist Abtreibung jedoch eindeutig rechtswidrig und nach geltendem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hat das Leben des Kindes Vorrang vor Problemen der Schwangeren, sogar vor deren schwerwiegenden Problemen (verkürzt gesagt). Dem liegt eine elementare Frage zugrunde, auf der unsere gesamte Rechts- und Sozialordnung, unsere Kultur und unsere ganze Zivilisation beruht: Welches meiner Probleme könnte mich dazu berechtigen, einem anderen Menschen das Leben zu nehmen? Das Bundesverfassungsgericht hat klar geantwortet: es gibt kein Problem, das die gewaltsame Tötung eines anderen Menschen rechtfertigt.

Der deutsche Staat jedoch, die deutsche Politik, hat damals federführend durch die FDP-Frau Uta Würfel, das in sich geschlossene Tötungssystem errichtet und den scheinbare Seriosität vortäuschenden Beratungsschein etabliert. Die Kindertöter hatten sich durchgesetzt.

Uta Würfel und ihren Helfershelfern gelang es, die damaligen Politiker zu täuschen, indem sie wahrheitswidrig behauptete, im Namen aller Frauen zu sprechen und dass es um deren Befreiung (vom Kinderkriegen) ginge. Eine öffentliche Meinungsdebatte fand nie statt, eine Mandatsübertragung von Frauen an Uta Würfel schon gar nicht. Stattdessen fand dazu passende Manipulation statt durch lautes Geschrei wichtiger Medien, die erfundene Horrorstorys über Schwangere verbreiteten, die Schauspielerinnen dazu verleitete, zu behaupten, sie hätten abgetrieben, obwohl das gar nicht stimmte, wie später herauskam. Diesem massiven öffentlichen Druck waren die deutschen Politiker nicht gewachsen. Jede Gegenstimme (die gab es damals) wurde sofort öffentlich niedergeknüppelt und die Personen diffamiert. Am Ende dieses Theaterdonners stand dann der berüchtigte „parteiübergreifende Kompromiss“. Der kostet bis heute Millionen Kindern das Leben.

Offenbar bewusst hat der Staat lebensrettende Beratungsstellen von der staatlichen Finanzierung ausgeschlossen, und somit seinerseits alle Bürger getäuscht, die natürlich annahmen, die Kinder seien ebenso geschützt, wie die Schwangeren. Als Beispiel für berechtigte Kindertötung führte man vergewaltigte Frauen an, die schwanger wurden. Dieses grauselige Bild hat man den Bürgern in den Kopf gepflanzt und so konnte es gelingen, das tödliche Verderben für Frauen und Kinder zu etablieren. Im Rückblick betrachtet, ein gewaltiges Betrugsmanöver! Längst kennen wir dazu mittlerweile die Wahrheit: Vergewaltigte, schwanger gewordene Frauen, die 2019 abgetrieben haben (kriminologische Indikation) gab es 20 plus mindestens 100.000 weiteren Abtreibungen. Mehr als 100.000 gesunde Kinder werden jährlich in Deutschland unter dieser Maske getötet. Die als behindert diagnostizierten Kinder sind in dieser Tötungs-Statistik nicht enthalten.

Wir geben demnächst eine Grafik heraus, die aufzeigt, wie die Interessensgruppen weltweit miteinander vernetzt sind, um (nicht nur) Kinder zu töten und am Anfang der Angel nur sehr wenige Männer das große Sagen haben. Der Leser wird erstaunt sein, welche Organisationen darin eingebunden sind.

Wegen dieser schwerwiegenden Versäumnisse/Gleichgültigkeit seitens der Politiker haben wir im Februar 2020 jeden einzelnen Politiker bei der Staatsanwaltschaft Berlin angezeigt (Link).

Denn laut Grundgesetz und geltendem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist Pflicht und Ziel jedes Gesetzes auch der Schutz des ungeborenen Lebens. Dem ist nachweislich nicht so. Das Gegenteil trifft zu, wie ich oben ausführte. Die Verfassungsrichter haben den Politikern jedoch zwingend zur Auflage gemacht, den Abtreibungsparagraphen regelmässig zu überprüfen, und ihn ggfs. so anzupassen, dass den Kindern tatsächlich das Leben gerettet wird.

Mit anderen Worten: Abtreibung ist wahrhaftig keine Errungenschaft unseres demokratischen Rechtsstaates. Die staatlich finanzierten Tötungen ungeborener Menschen ist im Gegenteil DER gemeinsame Nenner aller existierenden Diktaturen unserer Welt, unabhängig ihrer ideologisch motivierten Ethik. Im Mittelalter ist man vergleichsweise – obwohl das kein Zuckerschlecken war – mit den Frauen und Kindern deutlich besser umgegangen. Diesbezüglich sind wir also auf einem noch nie dagewesenen Tiefststand angekommen. Den laste ich hauptsächlich den weiblichen Politkern an: SIE hätten ja längst etwas ändern können. Stattdessen legen sie gleichgültig die Hände in den Schoß und schauen zu, wie Frauen und Kinder den Preis für solche Massenmorde zahlen. Kaltblütig lassen sie auch weiter geschehen, dass Mütter, die ihre Kinder selbst erziehen, am Ende dafür keine Rente erhalten. Das ist ein weiteres Unrecht, das den weiblichen Politiker anzulasten ist.

iFamNews: Können Sie uns kurz einen besonders ergreifenden Fall Ihrer Arbeit schildern?

Sonja Dengler: Ja, stark verkürzt allerdings:

Lebensgeschichten zu erfahren, erfordern immer sehr viel Zeit und noch mehr Einfühlungsvermögen, größte Vorsicht ist dabei geboten – und diese Lebens-Geschichten hinter der akuten Geschichte ist in der Regel ziemlich lang.

Nennen wir sie Nina. Nina ist in der 11. Woche, sie weiß aus den Medien, dass sie bis zur 12. Woche abtreiben darf – daher drängt die Zeit. Sie bringt gute Gründe vor und sie macht einen gefestigten Eindruck, weit weg davon, leichtfertig zu wirken: „12 Jahre war ich verheiratet, vor ½ Jahr war die Scheidung, weil ich keine Kinder wollte, die hätte ich kräftemäßig nicht gepackt, es wäre die totale Überforderung gewesen und es wär mir zuviel geworden. Vor ein paar Wochen kam mein Exmann abends an, um seine restlichen Sachen abzuholen und brachte eine Flasche Sekt mit. Leider fühlte ich mich an diesem Abend einsam und so kam es halt am Ende zu der Schwangerschaft. Das Kind kann ich aber auf keinen Fall bekommen, weil ich die einzige bin mit Einkommen in der Familie, zwar lebe ich alleine, versorge aber noch meine depressiv-kranke Mutter, und meine einzige Schwester ist schwer alkoholkrank – ich bin die einzige, auf die sie ab und zu hört. Wenn ICH nun ausfalle, bricht alles zusammen, der letzte Stützbalken bricht auseinander, verstehen Sie? Drei Haushalte habe ich zu versorgen, ich DARF nicht  ausfallen! Das verstehen Sie doch, oder?“

Ja, das verstanden wir sehr gut. Klein und zierlich wie sie war, fragte ich mich, wie sie diese schwere Last bisher getragen hat und was ihr die Kraft dazu gab: „Seit wann ist das so, dass Sie die Alleinversorgerin sind, und woraus beziehen Sie Ihre Kraft für diesen harten Alltag, berufstätig sind Sie ja auch noch?“

„Das ist ganz einfach: Ich sage mir: Was getan werden muss, muss getan werden, außer mir ist keiner da, also MUSS ich, und es stellt sich gar nicht erst die Frage, ob ich WILL. Ich muss. Und ich will außerdem meine Herkunfts-Familie nicht kaputtmachen, es ist alles, was ich noch habe, erst recht nach meiner Scheidung!“

Da war guter Rat teuer. Hätten Sie, lieber Leser, an dieser Stelle aufgegeben? Ja. Was soll man da schon bewirken können? Der Goliath wirkt zuuu groß. Und sie, die wir zur Lebensrettung des Kindes gewinnen mussten, war entschlossen, schnell alles hinter sich zu bringen. Wir mussten nachdenken. Eine etwas zu lange Gesprächspause entstand.

Paradoxerweise glaubte sie, uns aus der Verlegenheit helfen zu müssen, damit es nicht zu weiteren Verzögerungen kam: „Machen Sie sich keine Sorgen, es ist für mich nicht das erste Mal, dass in unserer Familie der Tod ein Loch reißt. Wir alle müssen sterben, früher oder später, ich kann das Kind nicht bekommen und werde es nicht austragen und schon gar nicht zur Adoption frei geben! Besser, es wird jetzt weggemacht, dann merkt es nichts mehr! Ich WILL es nicht haben!“

Erstaunt über diesen unerwarteten Wortschwall (war in Wirklichkeit deutlich ausführlicher) fragten wir: „Wann war denn jener Todesfall, der Sie am heftigsten aus der Bahn schleuderte?“

Erst wollte sie zügig antworten, richtete dazu ihren Oberkörper stolz auf, dann aber sank sie wieder leicht zusammen, blickte auf den Boden und sagte: „Vor ca. 2 Jahren ist mein ein und alles, meine Bernie gestorben. Bernie war meine Hündin, so ein Schäferhundverschnitt. Vor meinen Augen ist sie vom Lastwagen überfahren worden, ich konnte nichts mehr tun. Dabei hatte sie doch gerade Junge geworfen!“

Zu unserem Erschrecken weinte sie bitterlich „Sie fehlt mir noch heute so, mein Herz tut so weh, wenn ich an sie denke!“

„Was ist denn aus den Jungen geworden?“ wollte ich wissen.

Sie hebt überrascht den Kopf: „Die sind beide jetzt fast groß, ich habe ihnen mühsam das Leben gerettet, ich war so verzweifelt und dachte, wenn die jetzt sterben, dann will ich auch nicht mehr leben!“

Das war der erste kleine Schritt zur Rettung: Wir ließen uns ganz genau, ganz detailliert erzählen, wie sie DAS geschafft hat – und dann, ganz am Ende ihrer Erzählung durften wir sehen, was sie vor sich selbst versteckte: ihre große Sensibilität für andere, ihre hilfebringende Seite, die nun derart überfordert wurde, dass sie ihr eigenes Kind töten will. Sie war deutlich in der Sackgasse angekommen.

Von hier aus mussten wir wirklich buchstäblich auf Samtpfoten vorgehen, denn sie hatte Vertrauen zu uns gefasst und das durften wir nicht verscherzen. So erfuhren wir nach und nach schließlich noch mehr der traurigen Wahrheit, obwohl wir dachten, wir wüssten schon alles. Dass nämlich ihr Vater, leidenschaftlicher Fernfahrer, seinen Beruf aufgab, weil ihre Mutter gerne ein Haus für die Familie hätte und sich mehr gemeinsame Zeit mit ihm wünschte. Also baute er das Haus, es war kurz vor dem Innenausbau fertig, da bekam er einen tödlichen Herzinfarkt. Die Schuldgefühle der Mutter führten zu tiefer Depression, aus denen sie bisher nicht mehr herausfand. Die alkoholkranke Schwester hatte bereits ein uneheliches Kind, weigerte sich, den dazugehörigen Vater zu nennen und überließ es meistens der depressiven Großmutter, die Kleine zu versorgen. Außerdem ist auch das Fakt: Ninas Ex-Mann hatte längst eine andere Familie gegründet als sie noch verheiratet waren und hatte bereits 4 Kinder. DESHALB war sie am Ende und deshalb wollte sie keinen Meter mehr weiter. Nina selbst beschreibt es so: „ender als am Ende kann kein Mensch sein!“ (Das Wort ‚ender‘ erfand sie mal eben).

Wie sie denn das fertigbringe, fragten wir sehr vorsichtig: „So ein warmes Herz für die armen Hundewelpen, trotz des Schmerzes um Bernies Verlust und die viele damit verbundene Tag-und Nacht-Arbeit – und nun wolle sie ihr Kind den Kindertötern übergeben. Wie vereinbart sie das miteinander, an welchem Ort hat sie ihre Sensibilität solange abgelegt und verschlossen, bis es tot ist, damit sie ihre Hilfsbereitschaft und Sensibilität wieder auspacken und anderen Personen zugutekommen lassen kann?“

Wieder reagiert sie mit ihrem Leitsatz: „Was getan werden muss, muss getan werden! Das Leben ist hart und die Reaktionen sind auch hart“, wiederholte sie. „Soll ich etwa diesen Trumpf meinem Ex gönnen?!“ (Das war eine weitere sehr gefährliche Information: der Exmann wird das geborene Kind als Triumph über Nina ansehen…)

Jetzt durften wir ihr um Himmelswillen nicht mit Allgemeinplätzen kommen, obwohl sie selbst mit Allgemeinplätzen nur so um sich warf. Von uns aber hätte sie sich dies niemals bieten lassen, zu bitter war ihr Herz und zu aussichtslos dunkel war es in ihrer Seele. Zu festgemauert zeigte sich ihre Entscheidung.

Also taten wir schließlich dies: Wir stellten ihr die berühmte „Wunderfrage“ und was sie denn der guten Fee, die sie evtl. fragen würde ‘welches deiner vielen unerträglichen Probleme soll ich zuerst lösen, welches an zweiter und welches an dritter Stelle?’ Was sie denn darauf antworten würde, ob sie überhaupt eine Antwort hätte. Ob sie denn eigentlich so auf die Schnelle wisse, was sie wollen würde? Dem folgten ausführliche Debatten über diese verwickelte Frage. (Die Wunderfrage geht davon aus, dass das Wunder morgens beim Aufwachen bereits geschehen ist und sie das, weil schlafend, nicht mitbekommen hat, also dass die Fee diese Frage gar nicht vorher stellt.)

Einige Stunden haben wir allein dafür benötigt, diese Frage zu klären, bis Nina soweit war:

Ja, eine Antwort hätte sie schon, sie sei ja nicht auf den Mund gefallen, aber die Fee sei ja nicht mal damals gekommen, als der Verlust des Vaters übermächtig über sie hereinbrach: Beerdigung organisieren, Haus tapezieren, Fliesen und Fußböden verlegen, Alkohol vor der Schwester verstecken, die ab diesem Zeitpunkt nichts mehr arbeitete, sondern nur noch trank – und nebenbei musste Nina Abi machen und keinem (!) zeigen, wie schlecht es ihr geht.

Erneut halfen wir ihr auf die Sprünge: „Ja, klar, die Fee ist damals nicht gekommen, das haben wir verstanden, Sie waren alleine. Mutterseelenalleine sogar. ABER: WENN sie denn heute gekommen wäre, bevor Sie uns aufsuchten, heute in der Nacht davor, bevor Sie zu uns hierher kamen, was hätten Sie ihr denn geantwortet? Nur so als Gedankenexperiment…“

Die Reihenfolge, die sie uns schließlich unter Tränen nannte (weil wir es wieder einmal ganz genau wissen wollten) war überraschend: die Schwester endlich in eine Entziehungskur, schon oft vergeblich versucht, der Mutter wieder auf die Füße helfen und dann wird man sehen.
Uns war klar, dass wir viel Gehirnschmalz  und viele, sehr viele Gebete brauchten, um DAS zu lösen…

Insgesamt dauerte das Konfliktgespräch 5 Tage – dazwischen Wochenende und Feiertag, die wir für die Gespräche nutzen konnten ohne dass Nina in beruflichen Termindruck geriet. Dann war die Vereinbarung perfekt: Für die Schwester fanden wir eine solche Entziehungskur, die auch schon Erfolge aufweisen konnte, Ninas Mutter boten wir an, wegen der Schuldgefühle eine Therapie zu machen (denn die waren unberechtigt) und anschließend boten wir ihr an, für uns als Tagesmutter zum ersten Mal im Leben eigenes Geld verdienen: und zwar mit der Betreuung ihrer beiden (!) Enkel. Das war für Nina eine Überraschung, eine gute Überraschung. Zu gut vielleicht. Ich überlasse es Ihrer Fantasie, sich vorzustellen, wie heftig die anschließenden Debatten wurden. Die Vorteile waren nicht mehr von der Hand zu weisen, Ninas Preis war: keine Abtreibung machen, den Abtreibungstermin absagen.

DAS war jedenfalls das Gesamtpaket, das wir in die Kampf-Arena warfen. Und es ermöglichte ihr, ihrem Lebensmotto treu zu bleiben „was getan werden muss, muss getan werden“, denn auf sie kommt zweifellos wieder einmal viel Arbeit zu. Aber zum ersten Mal in ihrem Leben gab es eine enorme Entlastung. Zum ersten Mal in ihrem Leben kam sie selbst zum Zuge. Alles wurde gut. Sehr gut sogar, wir sind noch heute mit ihr befreundet.

Was ich Ihnen, liebe Leser, an dieser Stelle noch sagen möchte: Die Geldmittel, um das Kind durch konkrete Lebensveränderung zu retten – Sie ahnen es – hatten wir zum Zeitpunkt unserer Zusagen noch nicht. Das haben wir nie. Wir sind Christen. Wir setzen uns erst dann (!) wenn wir die Summen zusammengerechnet haben, hin und bitten Gott um alles Nötige. So wird dann am Ende das Paar Schuhe daraus, in denen z.B. Nina neu laufen lernen kann – Gottes Hilfe kommt bekanntlich spätestens rechtzeitig. Nina selbst weiß nichts von unseren Problemen, die behalten wir fein für uns und machen ihr Mut, Mut und nochmal Mut. Denn tatsächlich muss sie viel bewältigen, wie z.B. die Frage, wie sie künftig mit dem Ex-Mann umgehen wird, oder die Frage klären, wer wirklich über wen triumphiert? Wann und wo sie ihre Schwester besuchen kann, die sie sehr liebt und dann, der stärkste Halt für sie: die Aussicht auf einen normalen Alltag mit ihrer Mutter, die die Kinder hütet – sie hatte sehr viel zu tun. Aber sie ist ja, wie Sie ja nun auch wissen, die geborene Organisiererin.

Das neue Buch von Sonja Dengler

Nach solchen Wendungen im Leben „unserer“ Schwangeren fragen wir uns immer: Warum eigentlich machen die staatlich bezahlten Stellen das nicht auch so? Oder wenigstens so ähnlich? Warum machen die das überhaupt, Kinder töten?

Darauf gibt es nur eine Antwort: Abtreibung ist eines jener Mittel, mit der das alte Lied der angeblichen „Überbevölkerung“ abgesungen wird und außerdem ist da der satte Geldfluss, den die getöteten Kindern hereinschwemmen.

iFamNews: Vielen Dank für Ihre Zeit!

Das Buch Alles wird gut von Sonja Dengler kann man hier bestellen und damit die Arbeit von Tiqua e. V. unterstützen.

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