Das Märchen von der „Errettung durch Techno-Medizin“

Warum Verhütungsmittel dem Geist und der Weiblichkeit schaden.

Vom Werk Nuestra Señora de la leche y el buen parto inspiriert, erkannten einige Frauen in den 1950er Jahren, dass sie selbst nicht mehr in der Lage waren zu verstehen, wie viel Gutes eine Mutter für ihr Kind tun kann, indem sie es sich einfach an die Brust legt. Wie die Stiftung La Leche Liga berichtet, war es diese wahrgenommene Unsicherheit über das Frausein, die die ersten Frauen dazu antrieb, sich zusammenzuschließen und die weltweit bekannteste Organisation für Stillhilfe zu gründen.

Nuestra Señora de la leche y el buen parto, 1872, unbekannter Künstler

Diese kurze Schilderung ist ein gutes Beispiel, um auf ein anderes Thema zu sprechen zu kommen, das eng mit dem Gefühl der völligen Unangemessenheit zusammenhängt, das den Frauen sorgsam und akribisch nach und nach eingetrichtert wurde, zum Beispiel in Hinblick auf das körperliche Phänomen des weiblichen Zyklus.

Verhütungsmittel, eine „chauvinistische“ Einstellung zur Sexualität

Verhütungsmittel, die von einem Gros der weiblichen Welt als Teil einer „männlichen“ Einstellung zum Leben (= ein Problem wird identifiziert und sofort gelöst) angesehen werden, sind ein wesentlicher Bestandteil der sogenannten „Technomedizin“; diese setzt Pharmazeutika ein, um die weibliche Körperlichkeit zu beeinflussen. Dort, wo Verhütungsmittel weite Verbreitung finden und aufgrund derer Frauen und Männer sexuelle Freiheit genießen, sind sich die Frauen sehr wohl darüber bewusst, dass es sich um eine männliche Erfindung handelt, um die Männer im Grunde von ihrer Verantwortung zu entbinden. Ganz so, als ob die Technomedizin nicht nur einer männlichen Sichtweise, sondern obendrein einer chauvinistischen Sichtweise entspränge.

Die Wissenschaft hat die Entdeckungen, die parallel zur Erfindung der Antibabypille gemacht wurden, geschickt unter den Teppich gekehrt und dessen sind sich die Frauen nun sicher.

„Außer Kondomen werden wirksame Alternativen zu diesen Arzneimitteln im Allgemeinen als nicht existent erachtet und nur selten zugänglich gemacht. […]. Schließlich fand ich heraus, dass keine Pille, kein Intrauterinsystem und kein ‚für [meine] Lust entwickeltes’ Gummi mir die sexuelle Befreiung bieten konnten, die ich jedoch erlebe, wenn ich […] die Methode der bewussten Geburtenkontrolle oder FAM [fertility awareness methods, natürliche Methoden des Fertilitätsbewusstseins] praktiziere.“ Die Autorin ist eine amerikanische Journalistin, Megan Magray, Atheistin und Linke. Sie beklagt, dass den Frauen seit Jahren das Wissen über ihren eigenen Körper vorenthalten wir; stattdessen überlässt man es der Technomedizin, den intimsten und weiblichsten Aspekt, den eine Frau besitzt, zu steuern: die Fruchtbarkeit.

Der Irrtum der „Errettung durch Technomedizin“

„Medikamentöse Verhütungsmittel galten lange Zeit als Sinnbild für sexuelle Freiheit und körperliche Selbstbestimmung. […]. Wir können die Linke nicht von ihrer Mitverantwortung befreien: Unter dem Deckmantel des Progressivismus vertreten viele Linke einen felsenfesten Glauben an Technokratie und Expertentum, der die unmittelbare Erfahrung von Frauen als unzulässig abtut, es sei denn, diese Erfahrung wird in einer wissenschaftlichen Studie mit spezifischen Parametern erfasst“, so die Journalistin weiter. Ähnlich wie zuvor bei der Schwangerschaft, die einst von Hebammen betreut wurde, ist nun die Fruchtbarkeit an Männer abgetreten worden – und die Frauen sind mit schuld.

Die Frauenwelt schwört immer noch auf die „techno-medizinische Errettung“ und hilft sogar dabei, andere Frauen in ihrer Unwissenheit zu belassen, so dass diese nie erfahren, was der eigene Körper ihnen alles beibringen kann. Indem man den Frauen das Gefühl der Unzulänglichkeit eintrichtert, kann man regelrechte Wunder vollbringen.

Man kann Frauen dermaßen leicht lenken und beherrschen als seien sie eine Armee von Zombies. Zum Beispiel kritisiert der Neonatologe Jean-Pierre Relier (auch ein Atheist) die medizinische Lüge, Methoden der künstlichen Befruchtung zu propagieren, indem die Erfolgsquoten aufgebauscht werden. Auch prangert er an, dass diese Art der Technomedizin der Natur nicht hilft, sondern sie forciert, da man die Natur dem „allmächtigen Willen des Menschen“ zu beugen versucht.

Sobald Frauen die Kontroll-„Menchanismen“ des weiblichen Körpers auch mithilfe anderer Frauen, die der medizinischen Übermacht erlegen sind, erkennen, schlägt die Wahrheit eine andere Richtung ein, hin zu einem progressiven Bewusstsein. Die Schönheit um das Wissen, was im Körper, im Geist und in der Seele einer Frau vor sich geht, sollte nicht durch irgendeine Technologie oder Ideologie zur Ausbeutung gezwungen sein.

Das Geschenk des Stillens

Kehren wir also zum Stillen zurück: die Erziehung zur Schönheit der Weiblichkeit, das Demonstrieren der Komplexität der weiblichen Rolle heißt ganz und gar nicht, die Frauen von der Mutterschaft zu befreien, sei sie nun spirituell, biologisch oder adoptiert, sondern zeigt die Schönheit ihrer durch ihre Weiblichkeit bedingte Einzigartigkeit.

Schauen wir uns an, was genau mit dem Stillen passiert ist: In den Jahrzehnten zwischen 1950 und 1970 beschloss die Welt, dass die Frau Besseres zu tun hatte, als barbusig herumzusitzen und sich von einem verwöhnten Baby versklaven zu lassen. Die Frau musste und muss auch heute noch so schnell wie möglich zu ihrem Zustand „vor der Schwangerschaft“ zurückkehren und das Baby zurücklassen. Das von einem Mann – Henri Nestlé (1814-1890), einem deutsch-schweizerischen Unternehmer, der eine Firma gründete, die später sehr berühmt werden sollte – erfundene Milchpulver wurde als Befreier vom Joch der Mutterschaft angepriesen, ebenso wie der Kaiserschnitt, die Pille und schließlich die Abtreibung. „Wenn eine Frau wirklich stillen muss [will?], soll sie es zu Uhrzeiten tun, die das kleine Kind dazu zwingen, zu leiden und verängstigt zu weinen.“

Autorinnen vom Kaliber der Schweizer Psychoanalytikerin Alice Miller (1923-2010) haben diese Art der Kindererziehung als „schwarze Pädagogik“ definiert. Die Befreiung kam durch die Frauen, die andere Frauen trösteten, aufklärten und ihnen halfen, „zu ihrem eigenen Wohl (Stillen senkt das Risiko einer postnatalen Depressionen) und zum Wohl des Kindes zu stillen“, schreiben die feministischen Journalistinnen Alessandra Di Pietro und Paola Tavella in Madri selvagge und beziehen sich dabei auf die Gründerinnen der La Leche Liga.

Das Gute ist niemals widersprüchlich und die Bewahrung der Weiblichkeit liegt gerade darin, die Schönheit der Unterschiedlichkeit zwischen dem Weiblichen und dem Männlichen zu erhalten. Eine Schönheit, von der eine Geburtshelferin, die sich Fruchtbarkeitsbewusstsein auf die Fahne geschrieben hat, absolut überzeugt ist: Flora Gualdani ist seit mehr als 50 Jahren Hebamme und weiß das mit Sicherheit, denn sie kennt die Frauen.

Durch das Ausleben der weiblichen Schönheit, die Würdigung all ihrer Facetten und die Rückkehr zur wirklichen Stärkung der Frauen würde die Frau vom Joch der „Technomedizin“ und von der Pathologisierung weiblichen Lebens befreit.

 Il bene non è mai contraddittorio e la cura della femminilità sta proprio nel preservare la bellezza della differenza tra femminile e maschile. Bellezza della quale un’ostetrica che ha fatto della consapevolezza della fertilità la propria bandiera è assolutamente certa: Flora Gualdani, ostetrica per più di 50 anni, lo sa, perché le donne le conosce.

Vivere quella bellezza femminile, accogliendone tutte le sfaccettature, e ritornare al vero sostegno verso la donna, la libererebbe dal giogo della “tecnomedicina” e dalla patologizzazione della vita femminile.

Weiterführende Literatur:

Alessandra Di Pietro, Paola Tavella, Madri Selvagge. Contro la tecnorapina del corpo femminile, Einaudi, 2006

Jo Croissant, Il mistero di donna, Berica Editrice, 2018

Bernard Nathanson, La mano di Dio. Il viaggio dalla morte alla vita del famoso medico abortista che cambiò opinione, Tau, 2021

Gonzalo Miranda, Giorgia Brambilla, La bioetica dalla prospettiva della donna, Editori Riuniti Univ. Press, 2015

Giorgia Brambilla, Fabio Faggioli, Uova d’oro. L’eugenetica, il grande affare della salute riproduttiva e la nuova bioschiavitù femminile, Editori Riuniti Univ. Press, 2016

Jean Pierre Relier, Amarlo prima che nasca. Il legame madre-figlio prima della nascita, Le Lettere, 1994

Thérèse Hargot, Una gioventù sessualmente liberata (o quasi), Sonzogno, 2017

Alice Miller, La persecuzione del bambino. Le radici della violenza, Bollati Boringhieri, 2008


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